Wiener Antidiskriminierungsgesetz wird besser – endlich

Viele Jahre ignorierte die Wiener Landesregierung das Bedürfnis behinderter Menschen nach Diskriminierungsschutz. Nun wird das Gesetz ergänzt. Ein Kommentar.

Wiener Gemeinderat und Landtag - Sitzungssaal
PID / Markus Wache

Mit einer von Sandra Frauenberger (SPÖ) vorgelegten Novelle des Wiener Antidiskriminierungsgesetzes wird es einen deutlichen Fortschritt im Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen in Wien geben. Das ist sehr positiv und auch die Details der Novelle sind überwiegend begrüßenswert.

Laut dem am 24. Juni 2010 zu beschließenden Gesetzesentwurf kommt es zu einem „Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderung“ sowie zu einem Schutz von Angehörigen. Bei Diskriminierungen besteht in Zukunft die Möglichkeit eine Schlichtung bei der „Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierung“ einzureichen. Die Stelle befindet sich beim Unabhängigen Bedienstetenschutzbeauftragten.

Die „Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierung“ wird – unter einer exakt definierten Einbindung von behinderten Menschen – für die Überwachung der Einhaltung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zuständig sein.

Das Land Wien verpflichtet sich, „geeignete und konkret erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu ihren Leistungen und Angeboten ohne Diskriminierung zu ermöglichen“. Weiters muss die Stadt Wien „bis zum 30. Juni 2012 einen Plan zum Abbau baulicher Barrieren für die von ihr genutzten Gebäude“ erstellen und „die etappenweise Umsetzung“ vorsehen.

Der Gesetzesentwurf ist überwiegend positiv und es wird daher angenommen, dass alle im Wiener Landtag vertretenen Parteien zustimmen werden.

Sehr spät, aber gut

Mit Fug und Recht kann man sagen, dass diese Gesetzesänderung einen wesentlichen Fortschritt für die Gleichstellung behinderter Menschen in Wien bedeutet. Allerdings – und auch dies muss man betonen – stellt sich die Frage: Warum erst jetzt?

Was hat den Sinneswandel bei der Stadtregierung hervorgerufen? Unbestreitbar hat einerseits der Umstand der im Herbst stattfindenden Landtagswahl seinen Einfluss gehabt. Aber auch das Faktum, dass der Diskriminierungsschutz behinderter Menschen in fast allen österreichischen Bundesländern in den jeweiligen Antidiskriminierungsgesetzen schon umgesetzt wurde.

Wien ist nun – wegen der jahrelangen Hinhaltetaktik – das vorletzte Bundesland, in dem eine einschlägige Gesetzesänderung vollzogen wird. (NÖ ist dann das einzige Bundesland, das behinderte Menschen nicht schützen will).

Inhaltlich ist die Änderung des Wiener Antidiskriminierungsgesetzes ein gutes und starkes Zeichen: ein Auftrag, der erfüllt werden muss und auch eingeklagt werden kann. Manche Details sind an das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) angelehnt (beispielsweise Schadenersatz, Schlichtungsstellen), andere sind aber auch anhand von aktuellen Erkenntnissen gegenüber diesem verbessert worden (erweiterter Angehörigenschutz).

Kritisch muss angemerkt werden, dass in einem Punkt der alte Geist des Verzögerns und Zauderns aufgeblitzt ist. Für die Erstellung eines Etappenplanes hat sich Wien eine unbegreiflich lange Frist von zwei (!) Jahren ins Gesetz hingeschrieben.

Rückblick: Jahrelang kein Interesse

Im Jahr 2004 wurde in Wien ein „Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung (Wiener Antidiskriminierungsgesetz)“ geschaffen. Schon damals wurde kritisiert, dass behinderte Menschen nicht in die Gruppe der geschützten Personen aufgenommen worden waren.

Im Laufe der Jahre wurde immer und immer wieder gefordert, diese Benachteiligung zu beenden. (Siehe ausführlicher Rückblick)

Mit dem nun neuen Gesetz ist ein guter Grundstein für Anti-Diskriminierung gelegt. Doch es wird sich erst in Zukunft zeigen, ob die Stadt Wien dieses Gesetz mit Leben erfüllen möchte.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich