„Würde am Ende des Lebens“: Start der parlamentarischen ENQUETE-Kommission

Heute (2. Juli 2014) findet im Österreichischen Parlament eine Sitzung zur "Konstituierung" der ENQUETE-Kommission über Sterbehilfe statt.

Monitor zeigt Herzschlag
BIZEPS

Die „konstituierende“ Sitzung der schon länger angekündigten ENQUETE-Kommission zu den bereits im Vorfeld heftig geführten gesellschaftspolitischen Debatten über Sterbehilfe, Verfassungsverbot und mögliche Alternativen, zusammengefasst nun unter dem Schlagwort „Würde am Ende des Lebens“, findet heute (2. Juli 2014) im österreichischen Parlament statt. Wir alle sind aufgerufen, uns am Diskussionsprozess zu beteiligen.

Hintergrund

Wie BIZEPS-INFO in den vergangenen Jahren bereits mehrfach berichtete, kommt das Thema „Sterbehilfe“ in Wellen immer wieder in Politik und Medien, gepusht von unterschiedlichen Gruppen, national bzw. EU-weit zur Sprache. In den letzten 1 – 2 Jahren haben Intensität und Schärfe der Auseinandersetzung zugenommen.

So hat sich auch die derzeitige SPÖ-ÖVP-Regierung in ihrem Arbeitsprogramm die Behandlung dieser Thematik vorgenommen (S. 92):

„Grundrecht auf Sterben in Würde

Ziel: Sterbebegleitung, Hospiz und Palliativversorgung können bis zuletzt ein hohes Maß an Lebensqualität ermöglichen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen auch in Zukunft ein würdevolles Sterben ermöglichen. Zugleich soll ein nachhaltiges Bekenntnis zum Verbot der Tötung auf Verlangen abgegeben werden.

Maßnahmen: Befassung einer parlamentarischen Enquete-Kommission sowie der Bioethik-Kommission mit der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen und des Rechts, in Würde zu sterben. In der einfachgesetzlichen Ausgestaltung soll dieses Recht insbesondere dadurch weiter sichergestellt werden, dass der gleiche Zugang zur Palliativmedizin sowie zu den gegebenen Möglichkeiten der Sterbebegleitung gewährleistet ist.“

Einsetzung der ENQUETE-Kommission

Bereits am 25. Juni 2014 wurde im Nationalrat die ENQUETE-Kommission eingesetzt und die Mitgliederzahl auf insgesamt 18 festgesetzt. Den Vorsitz übernimmt Gertrude Aubauer (ÖVP), StellvertreterInnen sind Johannes Jarolim (SPÖ) und Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ). In einer parlamentarischen Presseaussendung heißt es weiter: „Die Kommissionsmitglieder wollen sich dabei intensiv mit den Themen Hospiz- und Palliativmedizin, Patientenverfügung, rechtliche Verankerung des Verbots der Sterbehilfe und des Grundrechts auf würdevolles Sterben auseinandersetzen. Dabei sollen auch Regelungen anderer Staaten mitdiskutiert werden.“

Geplant ist, dass die Kommission im September 2014 ihre eigentliche Arbeit aufnimmt und dem Nationalrat Anfang 2015 einen Endbericht mit Empfehlungen vorlegt. Darauf hin sollen konkrete Gesetzesinitiativen starten.

Wer bestimmt über das zukünftige Lebensende von Herrn und Frau Österreicher?

Neben den fixen parlamentarischen Kommissionsmitgliedern, sollen auch „ExpertInnen der einzelnen Parlamentsklubs sowie VertreterInnen der Bundesregierung, der Gebietskörperschaften, von Berufsgruppen, von Universitäten, der Religionsgemeinschaften und der Bioethik-Kommission beigezogen“ werden. – Ich erlaube mir die Anmerkung: Hoffentlich wird auf die Vertreter und Vertreterinnen von „persönlich Betroffenen“, also schwer chronisch kranken und/oder behinderten Menschen, Menschen aus der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, kurz gesagt: den „Experten und Expertinnen in eigener Sache“ nicht vergessen!

Aber auch die Zivilgesellschaft – also wir alle – sind aufgefordert, uns zu informieren und Diskussionsbeiträge einzubringen. Dazu in der oben erwähnten parlamentarischen Presseaussendung: „Die Abgeordneten sind um größtmögliche Transparenz und breite Einbeziehung der Bevölkerung bei diesem wichtigen Thema bemüht. So werden die Sitzungen öffentlich sein, BürgerInnen sollen nach Maßgabe der räumlichen Möglichkeiten daran teilnehmen können. Die Diskussionen werden mittels eines Live-Streams übertragen. Die Protokolle sollen auf der Homepage des Parlaments zur Verfügung stehen, wobei BürgerInnen dazu Stellungnahmen abgeben können, die ebenfalls veröffentlicht werden.“

Aufgrund der Bedeutung und Tragweite der Thematik nun noch eine Aufstellung der einzelnen parlamentarischen Kommissionsmitglieder pro Partei. Ich erlaube mir, zu einigen Personen ein, zwei Stichworte zu vermerken, die m.E. einen Bezug zu der Thematik haben, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Namen sind verlinkt mit den ausführlichen Personenprofilen auf der Parlamentshomepage. Auf die Nennung der Ersatzmitglieder habe ich vorerst verzichtet:

SPÖ (5 Mitglieder):

Dr. Jarolim Johannes, Rechtsanwalt.

Ulrike Königsberger-Ludwig, SPÖ-Behindertensprecherin.

MAS Dr. Sabine Oberhauser Ärztin für Kinder- und Jugendheilkunde.

Erwin Spindelberger.

Dr. Peter Wittmann, Rechtsanwalt.

ÖVP (5 Mitglieder):

Mag. Gertrude Aubauer, Seniorensprecherin der ÖVP und des Seniorenbundes. In einer Presseaussendung hat sie sich bereits früher zu dem Thema geäußert. Ganz kurz zusammengefasst plädiert sie dort für einen Ausbau von Palliativmedizin & Co und spricht sich klar gegen „Sterbehilfe wie sie in den Niederlanden oder der Schweiz praktiziert wird“ aus. In einer Presseaussendung vom 25. Juni 2014 spricht sie als designierte Vorsitzende der ENQUETE-Kommission unter dem Titel „Wie wir unsere letzten Tage verbringen, geht uns alle an!“ etwas allgemeiner und verbindlicher in Richtung der Kommissionsmitglieder der anderen Parteien.

Mag. Wolfgang Gerstl, Jurist.

Dr. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Behindertensprecher. Rollstuhlfahrer.

Dr. Erwin Rasinger, Arzt für Allgemein- und Sportmedizin.

Mag. Michaela Steinacker.

FPÖ (4 Mitglieder):

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Medizinerin.

Anneliese Kitzmüller.

Werner Neubauer.

Josef A. Riemer.

GRÜNE (2 Mitglieder):

Dr. Eva Mückstein, Psychotherapeutin, Klinische und Gesundheitspsychologin.

Mag. Daniela Musiol, Juristin, Mediatorin, Sozialarbeiterin.

TEAM STRONACH (1 Mitglied):

Dr. Franz Marcus, Facharzt für Innere Medizin.

NEOS (1 Mitglied):

Mag. Gerald Loacker, Diplomstudium der Rechtswissenschaften.

Medien, Macht und Emotionen. Eine persönliche Anmerkung zum Schluss.

Der Themenkomplex „Krankheit, Lebensende, Sterben und Tod“ löst bei allen Menschen starke Emotionen aus. Die Palette, wie jeder und jede einzelne von uns damit umgeht, ist breit gefächert. Die Zugänge und Meinungen zu einzelnen ethischen Fragestellungen sind verschieden, individuell. Eine breite gesellschaftspolitische Diskussion steht uns nun bevor. Eine Diskussion, die hoffentlich von Politikern, Medien, Interessensvertretungen, von uns allen mit Verantwortungsgefühl, Sachlichkeit, Respekt und Achtsamkeit geführt wird. Geleitet vom mahnenden Blick zurück in die Geschichte und einem lebensbejahenden Blick in die Zukunft, in der alle Bevölkerungsgruppen gut und in Würde bis zuletzt LEBEN können.

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