Wir sind Ankündigungs-Europameister

"Wieder mal Lopatka!" könnte es einem entfahren. Den rührigen Sportstaatssekretär spült es wieder mal in die Medien. Ein Kommentar.

Rote Karte beim Fußball
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Österreich wird bei der Fußball-EURO 2008 dabei sein. Nein, nicht durch eigene Leistungen. Österreichs Fußballer haben noch nie eine Qualifikation für eine Europameisterschaft überstanden.

Wir sind dabei, weil wir – gemeinsam mit der Schweiz – Veranstalter der Fußball-EURO 2008 sind.

Mit geschwellter Brust …

Nun gilt es diesen Erfolg mit geschwellter Brust zu feiern. Am 20. August 2007 erfolgte einer der seltenen – meist aber sowieso entbehrlichen – Medienauftritte des ehemaligen ÖVP-Generalsekretärs und nunmehrigen Sportstaatssekretär Dr. Reinhold Lopatka.

„Die Österreichische Bundesregierung wird alles unternehmen“ – erläutert Lopatka – „um die Fußball-Europameisterschaft zu einem Fußballfest für alle zu machen“.

Richtig in Fahrt erwähnt er, dass zwar „schon bei der WM 2006 in Deutschland Barrierefreiheit groß geschrieben wurde“, aber Österreich werde mit seinen Maßnahmen die WM 2006 noch „übertreffen“. Doch als wäre dies nicht genug, hält er fest: „Die EURO 2008 wird neue Maßstäbe beim barrierefreien Zugang der vier EM-Stadien setzen.“

Dies und viele weitere Verbesserungen sind in einem „Nachhaltigkeitskonzept Österreich – Schweiz für die UEFA EURO 2008“ festgehalten, wird verkündet. „Damit übererfüllen wir sogar die hohen Standards der UEFA-Empfehlungen für Barrierefreiheit“, betonte der Sportstaatssekretär.

… und ohne Hirn

Ob dieses Begeisterungsausbruches bleibt dem geneigten Zuschauer nur mehr das ehrfürchtige Staunen. Doch es gibt – wie immer im Leben – auch Menschen, die ihr Augenmerk den Details widmen.

Und so kam es, dass der Experte für barrierefreies Planen der ÖAR, Generalsekretär Eduard Riha, eine Besichtigung des so hochgelobten Wiener Stadions vornahm. Das Ergebnis: „Sanitäranlagen, die seit den 80er Jahren unverändert sind, mit untauglichen Stützgriffen und zu hoch montierten Ausrüstungsgegenständen – fernab geltender ÖNORMEN, wurden offensichtlich bei der Sanierung des Stadions vergessen“, hält Riha in einer Aussendung fest.

Doch ein ganz anderes hirnloses Details bringt ihn noch viel mehr in Rage. „Die von Lopatka bejubelte erhöhte Tribüne für Rollstuhlfahrer wird nur während der WM errichtet und dann wieder abgebaut; für regelmäßige Stammkunden des Stadions gelten dann wieder dieselben schlechten Sichtbedingungen wie vorher.“

„Hier wird für die ausländischen Medien ein Potemkinsches Dorf errichtet, um Behindertenfreundlichkeit vorzutäuschen, die über Jahre treuen Fußballfans interessieren offenbar nicht“, zeigt sich Riha verärgert.

Ob dieser Kritik verteidigt sich Lopatka: Das Wiener Ernst-Happel-Stadion, dessen Bausubstanz noch aus dem Jahr 1931 stamme, sei aber ein „Sonderfall, wo die Vorgaben durch den Denkmalschutz und die Bedürfnisse nach Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung nur eine Kompromisslösung ermöglicht haben“.

„Undank ist der Welten Lohn“

Doch der drollige Lopatka wird nun die Welt nicht mehr verstehen. Er, der sich soooo bemüht, wird nun kritisiert. „Undank ist der Welten Lohn“, könnte es ihm in einem Stoßseufzer entfahren. Dabei wollte er nur das Beste. Und wieder ist er gescholten worden, obwohl er doch – wie bei seiner legendären Idee Geld vom Sozialminister für behinderte Sportler einzufordern – so erfolgreich scheint.

Abschließend steht eines fest: Wir sind – und hier sei Lopatka gedankt – zumindest Ankündigungs-Europameister! Mehr – und das ist leider vorhersehbar – werden wir nicht erreichen.

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