Wie lange will die FPÖ noch die Barrierefreiheit des Parlaments verhindern?

Die FPÖ soll ihren Widerstand gegen einen Umbau des Parlaments aufgeben. Wenn sie das nicht macht, dann soll sie endlich überstimmt werden. Doch auch die ÖVP und die SPÖ haben sich bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Ein verärgerter Kommentar.

Parlament
BIZEPS

Die unwürdige Diskussion um den Umbau des Parlaments zieht sich schon einige Jahre. „Eine halbherzige Lösung würde die notwendige Erneuerung des Plenarsaals auf längere Sicht verhindern“, kritisiert schon im Jahr 2007 die damalige Behindertensprecherin der GRÜNEN, Theresia Haidlmayr die ÖVP. Darüber hinaus ist es „absurd, wenn das Parlament sich nicht an jene Gesetze hält, die es selbst erlässt“, verweist sie damals schon auf das Behindertengleichstellungsgesetz.

Auch die SPÖ war in der Frage etwas wankelmütig. Zuerst unterstützte sie den Umbau, dann wieder nicht und zum Schluss machte Nationalratspräsidentin Prammer den Rückzieher vom Rückzieher und forderte doch wieder einen ordentlichen Umbau des Parlaments.

Widerliche Haltung der FPÖ

Wirklich widerlich ist die Haltung der FPÖ in der Frage der Schaffung von Barrierefreiheit im Parlament. FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache spricht in Aussendungen immer wieder von „Luxusadaptionen“ und möchte einen großen Umbau – der auch Barrierefreiheit sichert – verhindern.

Er meint: „Dort, wo es nicht anders gehe, seien sparsame Reparaturen durchzuführen.“ Umbaumaßnahmen für Barrierefreiheit gehören da anscheinend nicht dazu. Die Haltung von Strache – er war immerhin lange Zeit FPÖ-Behindertensprecher im Wiener Landtag – ist auf das Schärfste zu verurteilen.

Nun liegt ein Gutachten vor

Am 3. Juli 2009 veröffentliche Nationalratspräsidentin Prammer nun ein Gutachten über die notwendigen Umbaumaßnahmen auf der Homepage des Parlaments.

Der Gutachter Matthias Rant, Präsident des Hauptverbands der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs, listet 4 Punkte auf.

Das Gutachten kommt „zu dem Schluss, dass die ersten drei Maßnahmen auch in wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll sind. Die vierte Baumaßnahme ist zwar ökonomisch nicht zu begründen, deren Sinnhaftigkeit liegt jedoch in der behindertengerechten Gestaltung von Balkon und Galerie sowie in einer generell höheren Qualität für die BesucherInnen.“

Damit kein Missverständnis aufkommt. Der Gutachter analysiert, dass manche Bereiche im Parlament „teilweise auch gesetz- bzw. vorschriftswidrig sind (teilweise Elektro, Brandschutz, Barrierefreiheit und dgl.)“.

Fehlende Barrierefreiheit

Auf die fehlende Barrierefreiheit geht Gutachter Matthias Rant im Detail ein: „Die derzeitige Situation, nämlich dass eine Barrierefreiheit vieler Bereiche nicht gegeben ist, stellt zwar ein Faktum dar, ist aber durch den alten Konsens noch gedeckt. Diese Situation stellt doch ein erhebliches Risiko für die Verantwortungsträger dar.“

Und für jene, die das noch immer nicht überzeugt hat, legt er nach: „Die Barrierefreiheit ist in keiner der Ebenen wirklich gegeben und dies widerspricht dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Das Präsidium und die Regierungsbank sind nicht barrierefrei erreichbar. Das Rednerpult ist für Rollstuhlfahrer nur mit fremder Hilfe und nach Verlassen des Saales und Befahrung einer hinsichtlich ihrer Neigung nicht dem Gesetz entsprechenden Rampe erreichbar.“

Macht sich Österreich lächerlich?

Selbst im Ausland schmunzelt man schon über die Haltung mancher österreichische Abgeordneter. So schreibt beispielsweise der Berliner Redakteur der kobinet-nachrichten, Franz Schmahl: „Österreichs Abgeordnete machen gerade die Erfahrung, dass sie im eigenen Hause auch umsetzen sollen, was sie im Nationalrat beschlossen haben.“

Doch er gibt auch zu bedenken, was der schlampige Umgang mit Barrierefreiheit bewirken kann. „Bei der Neugestaltung des Reichstags in Berlin, wo heute der Deutsche Bundestag arbeitet, musste nachgebessert werden, weil behinderte Menschen bemängelten, dass bekannte Normen des barrierefreien Bauens nicht konsequent umgesetzt wurden“, so Schmahl in einem Kommentar.

Wie geht es weiter?

„Das Komitee kommt am 8. Juli 2009 zu seiner nächsten Sitzung zusammen, um eine Empfehlung zu erarbeiten“, berichtet die Parlamentskorrespondenz am 3. Juli 2009. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Mal die Vernunft durchsetzt und die notwendigen Umbaumaßnahmen unbestritten sind.

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