Johannes Reiss

„Unser Ziel war viele Benutzer zu erreichen“

Johannes Reiss berichtete bei der Veranstaltung "Warum barrierefreies Internet?" von "accessible media" am 12. Oktober 2006 in Wien wie der Relaunch des Österreichischen Jüdischen Museums (OJM) verlief.

Der Internetauftritt des Österreichischen Jüdischen Museums hat mit 430 Seiten bei weitem nicht die Größe von wien.at oder Kurier, doch die gemachte Erfahrungen mit dem Relaunch und den Reaktionen veranlasste accessible media, Johannes Reiss zu bitten, seine Erfahrungen beim Veranstaltungsblock: „Barrierefreier Relaunch in der Praxis“ darzulegen.

„Das Budget war schnell ermittelt, weil nicht vorhanden“, scherzte Reiss und sprach eine Situation an, die viele Internetbeauftragte von vor allem kleineren Angeboten sehr gut kennen.

„blinkende, laufende und hüpfende Elemente“

„Die Entscheidung ojm.at zu relaunchen war dringend notwendig geworden, wir hatten viele Abrufe und die Website war schlicht und einfach in die Jahre gekommen, blinkende, laufende und hüpfende Elemente waren für manche zugegeben noch immer lustig, für die meisten anderen jedoch eine Zumutung“, erklärte er die Motivation, den Internetauftritt gründlich zu überarbeiten.

Besonders klar und einleuchtend war die Erklärung, die Reiss zur Motivation gab einen verbesserten Internetauftrittzu erstellen: „Das hatte auch damit zu tun, dass wir aufgrund unserer Erfahrungen vor allem bestrebt waren, Schwellenängste und Unsicherheiten im Umgang mit dem jüdischen Museum abzubauen und diesen entgegenzutreten. Etwas grob formuliert: Eine Website mit vielen Barrieren würde unterschwellig die Ängste und Unsicherheiten schüren, zumal die Website für viele Besucher und Besucherinnen, aber auch Käufer und Käuferinnen unserer Publikationen die allererste Anlaufstelle ist. Ziel war also ein möglichst hübscher, sympathischer, verständlicher, gut und leicht benutzbarer Webauftritt.“

Design

„Das Design sollte in erster Linie von Klarheit geprägt sein, optimale Lesbarkeit (Kontraste, Schriftskalierung) sowie Verständlichkeit des Gelesenen hatten absolute Priorität“, resümierte der Vortragende.

Die weiträumig und großzügig wirkenden und nie überladenen Seiten antizipieren den Eindruck eines Ganges durch die realen Ausstellungsräume des Museums, führte er weiter aus.

Sprache und Text

Wenn unter allen Zielsetzungen ein Ziel als vorrangig genannt werden soll, dann – so der Leiter des Museums im Rückblick – die textliche Gestaltung. „Alle Texte der Website wurden für dieses Projekt neu verfasst (mit Ausnahme vorhandener wissenschaftlicher Artikel). Das Wording sollte exakt dem des Museumsalltags entsprechen und so dem sehr inhomogenen Zielpublikum möglichst gerecht werden. Verständlichkeit hatte immer oberste Priorität, referierte er.

Daraus folgt: Die Einrichtung der Website ojm.at in Leichter Sprache versteht sich als ergänzendes Serviceangebot des Österreichischen Jüdischen Museums. Dem Benutzer stehen sämtliche Seiten der Website mit Ausnahme des Abschnitts ›Artikel‹ in leichter Sprache zur Verfügung. „Auf die Übertragung der Artikel wurde bewusst verzichtet, um den vom jeweiligen Autor intendierten wissenschaftlichen bzw. ästhetischen Duktus der einzelnen Texte zu bewahren“, lautete die Erklärung.

Bilder

Von nahezu allen Bildern werden Großansichten auf extra Seiten zur Verfügung gestellt. Mit Großansichten der Bilder wolle man aber insbesondere auch schlecht sehenden Benützerinnen und Benützern die Möglichkeit geben, die zum Teil sehr schönen und seltenen Bilder besser zu sehen bzw. nachzuvollziehen.

ÖGS-Videos

Als Accessibility-Schwerpunkt neben der Leichten Sprachversion fast der gesamten Seite kann das Angebot in Gebärdensprache gesehen werden, hält Reiss fest und erwähnt, dass drei Videos in Österreichsicher Gebärdensprache in einer Gesamtlänge von ca. 36 Minuten zur Verfügung gestellt werden.

Zugriffe gestiegen

„Die Besucherzahl von ojm.at stieg binnen weniger Monate auf das 3-5fache“, berichtet er nicht ohne sichtbare Freude. „Und das obwohl die englische Version derzeit noch immer nicht online ist“, wie er festhält. Doch daran werde intensiv gearbeitet, kündigt er an.

Aber auch über andere positive Erlebnisse berichtet er: „Wir haben – und das war eine erfreuliche neue Erfahrung – konkretes und aktives positives Feedback von Besuchern und Besucherinnen, persönlich oder per Mail erhalten. Wenn ich Feedback aus der Accessibility-Branche außen vor lasse, waren es Menschen aus aller Welt, die von einer barrierearmen Website noch nie etwas gehört haben, sondern ‚ganz normale’ Surfer sind und ojm.at als angenehm und benutzbar empfunden haben und dies auch verbalisierten.“

Auch wenn er es im Vortrag nicht erwähnte, wussten viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass das Österreichische Jüdische Museum noch eine weitere Auszeichnung erhalten hatte. Im Dezember 2005 war dem Team des OJM eine BIENE im deutschsprachigen Wettbewerb der besten barrierefreien Internetseiten verliehen worden.

Über den Vortragenden

Johannes Reiss ist Direktor und Geschäftsführer des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt.

Hier können Sie einige Details des Vortrages nachlesen.

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