Schulische Integration schafft Hürde der Zwei-Drittel-Mehrheit nicht

Eine Reihe schulpolitischer Anliegen standen dann im Plenum zur Debatte

Parlament
BIZEPS

Abgeordneter Dr. Antoni (SPÖ) wertete es als Rückschritt, dass die Regierungsvorlage die Integration behinderter Schüler ab der neunten Schulstufe lediglich in den polytechnischen Schulen vorsehe. Er selbst plädierte dafür, die Integration auf alle Schultypen auszudehnen, und gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Integration Behinderter in den Volksschulen und den Hauptschulen zu einem verständnisvolleren Umgang zwischen nichtbehinderten und behinderten Schülern geführt habe. Warum ignoriere man die positiven Erfahrungen in der Praxis, fragte er. …

Abgeordneter Amon (ÖVP) klagte, es sei offenbar nicht möglich, mit der SPÖ konstruktive Gespräche zu führen. … Zum Inhalt der Schulorganisationsgesetz-Novelle sagte Amon, die SPÖ müsse einmal erklären, warum sie eine Integration Behinderter in der 11., 12. und 13. Schulstufe verlange, aber einer Integration in der 9. Schulstufe nicht zustimme. …

Abgeordneter Brosz (GRÜNE) hielt zur Vorgeschichte der Schulorganisationsgesetz-Novelle fest, es habe zwar Gespräche aber keine richtigen Verhandlungen gegeben. … Zum Inhalt der vorliegenden Novelle äußerte sich Brosz ebenfalls kritisch. Wie die SPÖ vertrat er die Ansicht, man sollte früher mit politischer Bildung in der Schule beginnen und die schulische Integration Behinderter auf berufsbildende mittlere und höhere Schulen und die AHS ausdehnen. Ein von Brosz eingebrachter Abänderungsantrag sieht zumindest eine Ausweitung der Schulversuche zur Integration behinderter Kinder vor. Für sinnes- und körperbehinderte Kinder urgierte Brosz ein Maßnahmenpaket.

Abgeordneter Mag. Schweitzer (FPÖ) erklärte, es sei unverständlich, dass die SPÖ heute einer Übernahme der schulischen Integration im Bereich der neunten Schulstufe in das Regelschulwesen nicht zustimmen werde. Zu den weitergehenden Forderungen der Opposition merkte er an, geistig behinderte Schüler könnten die Bildungsziele einer AHS oder einer BHS, etwa die Studierfähigkeit, nicht erreichen. Schulversuche hätten gezeigt, dass bestenfalls Teilziele erzielbar seien. Für Schweitzer wäre es kontraproduktiv, Behinderte stets mit ihrem eigenen Scheitern zu konfrontieren. Um auch bei einer Ablehnung der SchOG-Novelle weiterhin eine schulische Integration Behinderter in der neunten Schulstufe sicherzustellen, brachte Schweitzer namens der Koalitionsparteien einen Entschließungsantrag ein, in dem die Unterrichtsministerin ersucht wird, die bisher geführten Schulversuche in den Polytechnischen Schulen fortzusetzen. …

Bundesministerin Gehrer forderte die SPÖ auf, im sehr sensiblen Bereich der schulischen Integration Behinderter auf eine sachliche Basis zurückzukommen. Die Regierung wolle den Betroffenen bestmögliche Förderung und Unterstützung geben, versicherte sie und wies auf das breitgefächerte Angebot hin. Darüber hinaus bekräftigte die Ministerin, dass sinnes- und körperbehinderte Kinder jede weiterführende Schule besuchen könnten, wenn sie die Schulziele erreichten. Sollte die SPÖ den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen, will Gehrer, wie sie sagte, dafür sorgen, dass die Integration Behinderter in den Polytechnischen Schulen im Rahmen von Schulversuchen fortgesetzt wird.

Abgeordneter Dr. Niederwieser (SPÖ) warf den Regierungsparteien vor, Verhandlungen zu verweigern. Seit 16. Mai kenne die Regierung die Position der SPÖ, sagte er, erst gestern Vormittag habe sie sich aber zu Gesprächen mit der Opposition „bequemt“. Niederwieser zufolge lehnt die SPÖ nicht alle Punkte der Schulorganisationsgesetz-Novelle ab, er bewertete u.a. die vorgesehenen Regelungen in Bezug auf das Repetieren und die Schülermitbestimmung positiv. Die SPÖ sei jedoch gegen eine schulische Integration, wie sie in der Vorlage vorgesehen sei, da die Bestimmungen einen Rückschritt darstellten. Niederwieser brachte zwei Abänderungsanträge zum Bereich der schulischen Integration Behinderter ein. Der eine sieht vor, die nach Meinung der SPÖ erfolgreichen Schulversuche in den berufsbildenden Pflichtschulen und den berufsbildenden mittleren Schulen in das Regelschulwesen zu übernehmen. Sollte dieser Antrag keine Mehrheit finden, will die SPÖ zumindest eine Verlängerung der Schulversuche auch in den berufsbildenden Pflichtschulen und den berufsbildenden mittleren Schulen.

Bundesministerin Gehrer stellte klar, dass 500 behinderte Schüler weiterführende Schulen besuchen, ohne dass es sich dabei, wie Niederwieser behauptete, um Schulversuche handelt.

Abgeordnete Dr. Brinek (ÖVP) plädierte dafür, bei der Integration vor allem an die betroffenen Schüler zu denken und nicht den Bildungsauftrag der Schule aus den Augen zu verlieren. Die Überführung der Schulversuche in der neunten Schulstufe am Polytechnikum ins Regelschulwesen hielt Brinek für richtig.

Abgeordnete Haidlmayr (GRÜNE) trat für eine Abschaffung der Sonderschulen ein und betonte, jedes behinderte Kind müsse das einklagbare Recht auf Integration in der Schule, in die es gehen will, haben. Die Sonderschullehrer könnten nach Meinung der Rednerin auch in Integrationsklassen eingesetzt werden. Die Überführung der Integration im Polytechnikum in das Regelschulwesen begrüßte Haidlmayr, schränkte aber ein, dies könne nur ein kleiner Anfang sein, Integration müsse in Zukunft in allen Bildungsstufen möglich werden.

Abgeordnete Mag. Plank (SPÖ) forderte mit Nachdruck die Einführung der Integration auch an den Berufsschulen. Nach dem derzeitigen Stand würden zahlreiche behinderte Jugendliche von der von ihnen gewünschten Berufsausbildung ausgeschlossen bleiben, kritisierte sie. In einem Entschließungsantrag verlangte Plank darüber hinaus die Integration für die Sprachenschulen.

Abgeordnete Dr. Wolfmayr (ÖVP) betrachtete den Übergang in die gesellschaftliche und berufliche Integration als zentrales Anliegen der integrativen Schulformen und meinte, die Förderung müsse vor allem auf die individuelle Behinderung abgestimmt werden. Wolfmayr trat in diesem Zusammenhang für die An- und Vorlehre ein.

Abgeordnete Wochesländer (FPÖ) zeigte kein Verständnis für die Weigerung der SPÖ, der Überführung der Integration im Polytechnikum in das Regelschulwesen zuzustimmen. Die Forderung nach sonderpädagogischer Förderung für alle Schultypen betrachtete Wochesländer allerdings als nicht zielführend und als zu weit gehend.

Nach einer längeren Sitzungsunterbrechung verlas Präsident Dr. Fasslabend einen ÖVP-FPÖ-Antrag zur Behebung von Widersprüchen, die sich in der vorangegangenen Abstimmung in der gegenständlichen Materie ergeben haben. Die Gesetzesvorlage zum Schulorganisationsgesetz wurde in der Fassung dieses Antrages einstimmig angenommen. Ein ÖVP-FPÖ-Entschließungsantrag betreffend die Fortsetzung von Schulversuchen mit Kindern mit sonderpädagogischem Bedarf wurde mehrheitlich verabschiedet.

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