UnterzeichnerInnen fordern mehr Geld für Soziales und Familien
Keine Kürzung von Sozialleistungen, stattdessen mehr Geld für Familien und für den Pflegebereich sowie mehr Verteilungsgerechtigkeit in Österreich: Diese Anliegen vertraten heute die VertreterInnen dreier verschiedener Bürgerinitiativen im Petitionsausschuss des Nationalrats. Die InitiatorInnen waren gemeinsam mit Vertretern der zuständigen Ministerien zu einem Hearing ins Parlament eingeladen worden. Klaus Voget, Präsident des Österreichischen Zivil-Invalidenverbands, der oberösterreichische SPÖ-Landesrat Hermann Kepplinger und Heidrun Tscharnutter, Obfrau der BZÖ-Fachorganisation „Familienzukunft Österreich“, nutzten die Gelegenheit, um ihren jeweiligen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Bei den Abgeordneten stießen die Initiativen aber nur zum Teil auf Zustimmung, unter anderem wurde auf die angespannte Budgetlage und den vereinbarten Pflegefonds verwiesen. …
Voget: Pflegegeld jährlich an Inflation anpassen
Eröffnet wurde das Hearing mit einer Anhörung von Klaus Voget, der sich für eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes und einen nachträglichen Wertausgleich stark machte. Der Nationalrat solle schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte setzen, damit das Pflegegeld inflationsbereinigt dem Wert zum Zeitpunkt der Einführung im Jahr 1993 entspricht, heißt es in der vom Österreichischen Zivil-Invalidenverband (ÖZIV) vorgelegten Bürgerinitiative.
Voget erinnerte in seiner Stellungnahme daran, dass das Pflegegeld anstelle des davor bestehenden Hilflosenzuschusses eingeführt wurde. Dieser sei sehr wohl laufend valorisiert und im Gegensatz zum Pflegegeld 14 Mal jährlich ausgezahlt worden, skizzierte er. Die Mehrkosten für das Pflegegeld wurden ihm zufolge auch nicht aus dem Budget bezahlt sondern durch eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge finanziert.
Das Pflegegeld sei in den vergangenen 18 Jahren hingegen nur viermal erhöht worden, kritisierte Voget. Gleichzeitig hätten sich die Kosten für mobile Betreuung überproportional erhöht. Dennoch würden nach wie vor 80% der Pflegebedürftigen im familiären Umfeld betreut. Es liege, so Voget, sowohl im Interesse der Betroffenen als auch im Interesse des Budgets, diesen Prozentsatz beizubehalten, das setze aber eine jährliche Valorisierung des Pflegegelds voraus.
Seitens des Sozialministeriums wies Erich Ostermeyer darauf hin, dass derzeit rund 435.000 Personen in Österreich Pflegegeld beziehen. Diese Zahl werde sich aufgrund der demographischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung voraussichtlich weiter erhöhen, sagte er. Das Pflegegeld ist ihm zufolge im Jahr 1994 um 2,5%, im Jahr 1998 um 2,8%, im Jahr 2005 um 2% und im Jahr 2009 je nach Einstufung zwischen 4% und 6% erhöht worden, zusätzlich würden nun die besonderen Erschwernisse bei der Pflege schwerstbehinderter Kinder und demenzkranker Personen berücksichtigt.
Was die künftige Pflege-Finanzierung betrifft, verwiesen sowohl Ostermeyer als auch Abgeordnete der Koalitionsparteien auf den vereinbarten Pflegefonds. Dieser werde eine „Verschnaufpause“ bringen, zeigte sich Abgeordnete Gertrude Aubauer (ÖVP) überzeugt. Um die Finanzierung der Pflege bis zum Jahr 2014 abzusichern, würden 685 Mio. in die Hand genommen. Überdies werde es durch die Schaffung einer einzigen auszahlenden Stelle zu Verwaltungsvereinfachungen kommen. Notwendig ist für Aubauer ein Ausbau der Sachleistungen, etwa im Bereich der mobilen Pflege, und die Einräumung zumindest eines freien Tags für pflegende Angehörige pro Monat. Ihre Fraktionskollegin Anna Höllerer sowie die SPÖ-Abgeordneten Johann Hechtl (SPÖ) und Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) betonten ebenfalls, dass Österreich im Bereich der Pflege am richtigen Weg sei.
Unterstützt wurde das Anliegen der Petition von Seiten der Opposition. So meinte etwa Ausschussvorsitzende Ursula Haubner (BZÖ), die Bürgerinitiative zeige ein wichtiges Problem auf. Man habe in den letzten Jahren „an verschiedenen Schrauben gedreht“, um die Situation im Bereich der Pflege zu verbessern, räumte sie ein, ohne eine Valorisierung des Pflegegelds werde leistbare Pflege zuhause aber immer schwieriger. Abgeordnete Susanne Winter (FPÖ) zeigte sich überzeugt, dass durch Reformen in der Verwaltung Gelder frei werden könnten. Ihr Fraktionskollege Bernhard Vock (FPÖ) hob hervor, dass 10.000 Personen vom erschwerten Zugang zu den Pflegestufen eins und zwei betroffen seien.
Abgeordnete Helene Jarmer (GRÜNE) bekräftigte, es gehe nicht an, das Thema Pflegegeld „wieder in die Schublade zu verfrachten“. Sie trat dafür ein, vermögensbezogene Steuern einzuführen und diese für den Pflegebereich zu verwenden. Ohne eine Valorisierung des Pflegegeldes sieht sie die Gefahr des Lohndumpings im Pflegebereich. Jarmer gab auch zu bedenken, dass in Österreich ein starker Fürsorgegedanke vorherrsche, die Betroffenen wollten aber selbst entscheiden, welche Art der Unterstützung und Hilfe sie in Anspruch nehmen.
Deutlich skeptischer als die Koalitionsparteien wertete Klaus Voget die geplante Einrichtung des Pflegefonds. Die einzigen, die aufatmen würden, seien die Gemeinden und die Länder, sagte er. Die Betroffenen selbst würden bestenfalls marginal davon profitieren. Voget appellierte in diesem Sinn an die Abgeordneten, den Fokus stärker darauf zu richten, was die Betroffenen brauchen.
Die Bürgerinitiative wurde schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Ein Antrag der Grünen, sie dem Sozialausschuss zuzuweisen, kam damit nicht mehr zur Abstimmung.