„Persönliche Assistenz – Erfahrungen und Notwendigkeiten“

Unter diesem Titel veranstaltete BIZEPS - Zentrum für Selbstbestimmtes Leben am 17. und 18. Oktober 2007 einen Kongress in Wien.

BIZEPS-Kongress Persöniche Assistenz 071017
Tollinier, DI Klaus

Zwei anstrengende und inhaltsreiche Kongresstage erwarteten die rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Kongress „Persönliche Assistenz – Erfahrungen und Notwendigkeiten“, den BIZEPS organisierte und das Sozialministerium finanziert hatte. Die Veranstaltung war in mehrere thematische Blöcke gegliedert.

„Persönliche Assistenz in Deutschland“

Im ersten Teil referierte Uwe Frevert (fab – Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter) zu den Themen „Persönliche Assistenz in Deutschland“ sowie „Möglichkeiten mit dem Persönlichen Budget“. Er zeigte Vor- und Nachteile der neuen Regelung auf, wie sie mit 1. Jänner 2008 in Deutschland in Kraft tritt.

Es gebe in Deutschland über 2.000 behinderte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber „mit erheblichem Hilfebedarf, die ihre persönliche Assistenz (personelle Hilfe) eigenständig, d. h. ohne Dienste seit fast 20 Jahren organisieren“, hielt Frevert fest und nannte dies den „Vorläufer des Persönlichen Budgets“.

Wie wichtig die Umleitung der Geldflüsse ist, zeigte er in folgendem Beispiel (Zahlen aus dem Jahr 2002) auf: „73 % der Gelder fließen in die Aussonderung und nur 27 % werden für ambulante Hilfen verwendet.“ Das Persönliche Budget ist „keine neue Quelle zur Finanzierung von Hilfen, sondern ist nur eine besondere Form der Leistungsausführung“, so Frevert.

„Pilotversuch Assistenzbudget in der Schweiz“

Katharina Kanka (FAssiS – Fachstelle Assistenz Schweiz) führte zuerst in das schweizerische Unterstützungssystem ein und erzählte dann vom Zustandekommen des Pilotversuches Assistenzbudget in der Schweiz.

Die Forderung der Schweizer Selbstbestimmt-Leben-Bewegung nach einem Assistenzbudget erhielt „knapp keine Mehrheit“ im Parlament und daher kam es zu einem Pilotprojekt zur „Erprobung des Assistenzbudgets“.

„Der Pilotversuch ist gewissermaßen für uns ein notwendiges Übel“, hielt Kanka fest und führte aus: „Er bietet die Chance, das, was bisher theoretisch war oder sich auf ausländische Erfahrungen berief, direkt greifbar zu machen und im Schweizer Behindertenwesen in der Praxis zu erproben.“

Der Pilotversuch, an dem rund 260 Personen teilnehmen, startete Anfang 2006 und läuft drei Jahre. Er kann, wenn er erfolgreich ist, vom Bundesrat um vier Jahre verlängert werden.

„Jede anerkannte Assistenzstunde wird in der Regel mit 20 Euro angerechnet. In Ausnahmefällen, wenn wirklich eine besondere Qualifikation der AssistentInnen nötig ist (z.B. Gebärdendolmetscher), beträgt der Stundenansatz 30 Euro. Im Totalen beträgt das Assistenzbudget maximal 8.400 Euro pro Monat plus der höchsten Assistenzpauschale von 600 Euro“, zeigt Kanka die finanziellen Rahmenbedingungen auf.

Situation in Österreich auf Bundesebene

Nach der Vorstellung des BIZEPS-Ratgebers „Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz“ sollte Sozialminister Dr. Erwin Buchinger (SPÖ) das Referat „Wer bezahlt Persönliche Assistenz in Österreich?“ halten. Durch eine kurzfristige Verschiebung des Ministerrates war er leider verhindert und Dr. Hansjörg Hofer sprang kurzfristig für ihn ein. Der Beamte aus dem Sozialministerium sagte zu, dass die an Buchinger gerichteten Fragen schriftlich beantwortet werden.

Der Leiter der Landesstelle Wien des Bundessozialamtes, Dr. Günther Schuster, sprach über die Erfahrungen mit „Persönlicher Assistenz am Arbeitsplatz im Bundesland Wien“.

Modellprojekt Persönliche Assistenz in Wien

Am Nachmittag ging es zuerst um die „Zwischenergebnisse des Modellprojekts Persönliche Assistenz in Wien“. Der Fonds Soziales Wien (FSW) ist damit beauftragt, „alle bereits vorliegenden Erfahrungen, Ergebnisse und Einschätzungen aufzubereiten und der Politik als Entscheidungsbasis zur Verfügung zu stellen“, hält Mag. Birgit Blochberger in ihrem Referat fest.

Derzeit erhalten 21 Personen Geld für Persönliche Assistenz im Rahmen des Modellporjekts. Die Zufriedenheit der Projektteilnehmenden ist „sehr hoch“. Viele berichten von „erweiterter Teilnahmemöglichkeit am gesellschaftlichen Leben“ sowie „Angehörigenentlastung bei gleichzeitiger Erhöhung der Unabhängigkeit von diesen“. Ebenfalls positiv seien die „gesundheitlichen Verbesserungen“ der Teilnehmenden sowie die rund 110 legalen Assistenzarbeitsverhältnisse, die geschaffen wurden. Hoch seien aber auch die Kosten, obwohl nur ein Satz pro bewilligter Stunden von 13,73 Euro ausbezahlt werde.

Anschließend gab es Berichte der ModellprojektteilnehmerInnen Angelika Gruber und Hannes Wurstbauer, über ihre Lebenssituation.

Bundesländerberichte

Den Abschluss des ersten Tages bildeten die Berichte aus den österreichischen Bundesländern zur Persönlichen Assistenz. Über die jeweiligen Erfahrungen mit Persönlicher Assistenz in den Bundesländer sowie spezifische Regelungen der Bundesländer referierten Hubert Stockner (Tirol), Mag. Karin Kien (Steiermark), Brigitte Moosbrugger (Oberösterreich), Sabrina Nitz (Vorarlberg) und Martin Ladstätter (Wien).

Strategien

Den zweiten Tag eröffnete eine Gesprächsrunde zum Thema „Strategien zur österreichweiten Umsetzung von Persönlicher Assistenz“. Es ging um die Frage einer „Lebensperspektive außerhalb der Heime“ und wie dies mit Persönlicher Assistenz erreichbar ist. Anhand von 12 Strategien zeigten Mag. Dorothea Brozek, Martin Ladstätter und Annemarie Srb-Rössler auf, wie das Ziel „Bedarfsgerechte Persönliche Assistenz in Österreich“ erreichbar sein könnte.

Workshops

Den Abschluss des Kongresses bildeten zweistündige Workshops zu den Themen:

  • „Keine Minute allein!“ – Leben mit 24 Stunden Persönlicher Assistenz
  • „Persönliches Budget – Was ist das?“
  • „Wie ist Qualitätssicherung bei Persönlicher Assistenz möglich?“
  • „Assistenzbudget – Jetzt bestimme ich“
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich