Parkplatz-Affäre – im Rückspiegel betrachtet

Nach massiver, parteiübergreifender Kritik ist der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Norbert Kapeller am 14. März 2011 zurückgetreten. Ein Kommentar.

Fahrer mit Parkausweis § 29 b StVO
ARBÖ

Mit Abstand betrachtet ist die Affäre um den missbräuchlich verwendeten Behindertenparkausweis nur mehr widerlich. Der Wagen des Freistädters, ÖVP-Abgeordneten und karenzierten Polizisten wurde 4. Februar 2011 am Linzer Bahnhof von der Polizei kontrolliert. (An diesem Tag war eine Sitzung im Parlament.)

„Dem Vernehmen nach sei den Beamten der Wagen nicht zum ersten Mal an dieser Stelle aufgefallen“, informierte die Presse. Die Beamten staunten nicht schlecht als herauskam, dass der verwendete Ausweis einem Toten gehörte. „Der Ausweis war längst abgelaufen und dessen dereinst rechtmäßiger Inhaber, der Schwiegervater Kapellers, bereits am 4. März 2001 verstorben.“

Es könne daher davon ausgegangen werden, „dass der Lenker des Pkw den Ausweis missbräuchlich verwendete“, heißt es – laut Standard – in der Anzeige. Die Strafe von 220 Euro war inzwischen beglichen worden.

Erklärungsversuche für Dokumentenmissbrauch wenig glaubhaft

Es folgte Kritik von der Opposition und Kapeller erwiderte, dass er nicht gefahren sei. Plötzlich meldete sich Kapellers Ehefrau – per Aussendung (!) – zu Wort. Sie hielt fest: „Da ich diesen Ausweis nicht ständig in meinem Besitz habe, hat mein Mann weder von seiner Existenz gewusst noch von diesem irrtümlichen Gebrauch.“ Der Abgeordnete kündigte an, einer Behindertenorganisation zu spenden.

So skurril und vorgeschoben die Erklärung auch wirkte, die Angelegenheit war damit nicht abgeschlossen. Dies ist die eigentliche Überraschung an dem Vorfall.

Die ÖAR hielt in einer Aussendung fest: „Dokumentenmissbrauch ist strafbar, so einfach ist das!“ und ergänzte: „Die vielfach geforderten Wiedergutmachungszahlungen oder Entschuldigungen lösen das Problem nicht“.

So sah dies auch die ehemalige Behindertensprecherin der Grünen, Theresia Haidlmayr, die im Standard klarstellte: „Wenn ein Dokumentenmissbrauch durch eine Spende gutgemacht werden kann, dann brauchen wir überhaupt keine Gesetze mehr“.

Es wurde auch politisch für Kapeller ungemütlich. Der oberösterreichische ÖVP-Landesparteiobmann, Josef Pühringer, fasste es so zusammen: „Die Sache ist schlimm und die Verärgerung bei den Funktionären groß.“ Damit war klar, dass nicht zur Tagesordnung übergegangen wird.

Aufkleber-Aktion: „Kein Parkverbot für ÖVP-Bonzen.“

In Freistadt haben Unbekannte auf Parkverbotsschildern bei Behindertenparkplätzen mit Aufklebern „Ausgenommen Norbert Kapeller. Kein Parkverbot für ÖVP-Bonzen.“ oder „Kein Parkverbot für NR Kapeller. Begründung 87 : weil wir alle Fehler machen. Manchmal 10 Jahre lang und auf Kosten behinderter Menschen. Ist uns doch allen schon mal passiert, oder?“ versehen.

ÖVP-Kapeller trat am 14. März 2011 von all seinen politischen Ämtern zurück und sprach dabei von einer „Menschenjagd„. Es verwundert nicht, dass sogar die Art seinen Rücktritts und dessen Begründung kritisiert wurde.

Diskussion um gesetzliche Regelung noch ausständig

Leider nur nebenbei wurde diskutiert, dass diese missbräuchliche Verwendung eines alten Behindertenparkausweises nur deswegen möglich ist, weil in Österreich – im Gegensatz zu beispielsweise Deutschland – keine Regelung erlassen wurde, wann alte österreichische Behindertenparkausweise ungültig werden. Im Jahr 2001 wurde bekanntlich ein neuer europaweit einheitlicher Parkausweis eingeführt.

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