ORF-Wochenschau endgültig eingestellt

Der Kampf um die ORF-Wochenschau, der einzigen Nachrichtensendung, die wirklich sichtbar mit Gebärdensprachdolmetschung gesendet wird, ist mit 6. September 2009 verloren. Statt dessen bringt der ORF "Panorama-Klassiker der Reportage". Ein Kommentar.

ORF Wochenschau mit Gebärdensprachdolmetscherin
ORF

Man kann es ruhig als Ende einer Ära bezeichnen. Die ORF-Führung hat nach monatelangen Kampf gegen die Interessen der Seherinnen und Seher mit Wirkung per 6. September 2009 die ORF-Wochenschau eingestellt.

Warum war Wochenschau etwas Besonderes?

Es stimmt schon, dass die ORF-Wochenschau nicht das Flaggschiff der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen ORF war. Doch was diese Sendung auszeichnete, war der Umstand, dass sie als einzige Nachrichtensendung im ORF wirklich sichtbar mit Gebärdensprachdolmetschung gesendet wurde.

Bemerkenswert ist der Umstand, dass dies schon seit dem Frühjahr 1996 Sonntag für Sonntag geschah. Ein Novum für den ORF, der sich sonst massiv gegen Gebärdensprache im Fernsehen stellt.

ORF hat ein Problem mit der Gebärdensprache

Immer und immer wieder versuchte die Gehörlosenorganisationen den ORF zu überzeugen, eine der zwei gleichzeitig übertragenen Nachrichtensendungen „Zeit im Bild“ mit Gebärdensprache zu senden. Dies wäre kein technischer Aufwand und der ORF hatte diese Sendung vor Jahren noch um 19.30 Uhr in ORF 1 und ORF 2 gleichzeitig gesendet.

Doch dies sei unvorstellbar, hat es geheißen. Man schreibt der damaligen ORF-Generaldirektorin Dr. Monika Lindner zu, dies verhindert zu haben. Sie möchte keine Zuseherinnen und Zuseher verschrecken und damit vielleicht Werbeeinnahmen verlieren, lauteten die Begründungen.

„Zeit im Bild“ sogar auf „versteckten“ Kanal verbannt

Statt dessen hat der ORF die „Zeit im Bild“ ab Sommer 2004 dann doch gedolmetscht und auf einen dritten (!) Kanal verbannt, den kaum jemand findet und der gut versteckt im Satellitenfernsehen geparkt ist.

Die Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ wird seit einigen Jahren auch im Internet angeboten; nicht überraschend nur die Version ohne Gebärdensprache. Beschämend für den ORF wurde es dann, als er im Rahmen eines Schlichtungsverfahren zusagen „durfte“, die fix und fertig produzierte Sendung mit Gebärdensprache ebenfalls ins Internet zu stellen wollen.

Wochenschau – mit einigen Anläufen – abgesetzt

Doch wer glaubt, dass der ORF auf seine Wochenschau mit Gebärdensprache stolz ist, der irrt. Ganz im Gegenteil. Seit Jahren wird versucht diese Sendung einzustellen.

Exemplarisch seien hier die Versuche im Jahr 2002 und 2008 erwähnt. Es gab damals sogar schon einen geplanten letzten Termin der Sendung.

Der jüngste – und leider erfolgreiche – Vorstoß die Sendung zu streichen – erfolgte im August 2009. Lanciert wurde eine Information, die vom Betriebsrat vehement kritisiert wurde.

ORF im freien Fall

Ebenfalls interessant: Der ORF torkelt Monat für Monat in niedrigere Marktanteile. Nur mehr ein Drittel der möglichen Zuseherinnen und Zuseher werden derzeit vom ORF erreicht: „Beim ORF indes ist auch der August – nach dem schlechtesten Monatsergebnis der Sendergeschichte im Juli mit 34 Prozent – nicht berühmt: 34,2 Prozent Marktanteil machen den heurigen August zum quotenschwächsten aller Zeiten.“

Warum man dann gerade die Wochenschau mit steigenden Zuseherzahlen einstellt, ist unverständlich. Wäre der ORF ein Privatsender, wäre er keine Erklärungen schuldig. Aber als öffentlich-rechtlicher Sender, der seinem Auftrag immer und immer weniger nachkommt, ist er in Erklärungsnotstand.

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