„Ob ma nicht uns einmal die Diskussion geben, die Sachleistungen zur Verfügung zu stellen“

Wie steht Sozialminister Hundstorfer zum Pflegegeld? Will er es endlich ausbauen, oder kürzen? Oder will er Sachleistungen? Vieles bleibt unklar. Ein Kommentar.

Rudolf Hundstorfer
Sozialministerium

Wenn sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) – selten aber doch – zu Themen aus dem Behindertenbereich äußerte, war dies meist schauderhaft.

Laufende Fehltritte

„Ich persönlich will die Sachleistung forcieren, weil wir auch wissen, dass ein nicht gerade kleiner Prozentsatz des Pflegegeldes nicht bei der Pflege landet“, zitierte der ORF den Minister im Februar 2010.

Überhaupt dürfte ihm das Bundes-Pflegegeldgesetz nicht wichtig sein, weil auch die jährliche Inflationsanpassung kein wirkliches Anliegen ist, wie er im November 2009 unumwunden gegenüber den Salzburger Nachrichten zugab. Er sei Realist – hielt er fest – und akzeptierte da gegen die Interessen der Betroffenen den Wertverfall des Pflegegeldes.

„Sozialminister Hundstorfer ließ auch nach einer Bemerkung des Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (ÖVP) durchblicken, dass er hinsichtlich der Zuwendungen im Pflegebereich durchaus Sachleistungen für sinnvoll erachtet„, berichtet die Parlamentskorrespondenz im Mai 2010.

Zwischendurch gibt es immer wieder laue Bekenntnisse, die Pflegevorsorge nicht demolieren zu wollen. Glaubhaft sind sie aber allesamt nicht.

Interview

Ing. Martin Joppich führte am 23. März 2010 am Flughafen Schwechat ein Interview mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer, welches er BIZEPS-INFO zur Verfügung stellte. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz war bei der Willkommenfeier für die Behindertensportlerinnen und Behindertensportler von den Paralympics aus Vancouver anwesend, berichtete Joppich.

Er befragte den Minister nicht nur zu seinem persönlichen Eindruck von den erfolgreichen Sportlerinnen und Sportlern, sondern auch zur aktuellen Diskussion über das Pflegegeld. Da das Interview während der Veranstaltung geführt wurde, ist die Audioqualität leider mangelhaft.

Wir bringen es aber trotzdem, weil es einerseits sehr gut zeigt, wie der Minister über Menschen mit Behinderung und die Pflegevorsorge denkt und andererseits auch wie widersprüchlich seine Aussagen sind.

Interview zu Pflegegeld und Sachleistungen
SprecherIn: Rudolf Hundstorfer (Sozialminister)
Audioquelle: Ing. Martin Joppich

Joppich: Jetzt gibt es in der Behindertenszene natürlich einen Aufruhr: Stichwort „Pflegegeld“. Es wurde die Diskussion eingeläutet, dass es Sachleistungen geben soll – laut letzten Statement von Ihnen. Wie schaut es da jetzt wirklich aus? In BIZEPS heißt …

Hundstorfer: Hier ist schlichtweg vieles vermischt worden. Es geht schlichtweg darum: Wenn wir das Pflegegeld ausbauen, dass man diesen Ausbau nicht über Sachleistungen macht. Sachleistung kann sein Persönliche Assistenz, das kann sein Ergotherapie, das kann sein mobile Dienste; was ich halt brauche. Behinderte Menschen haben ja sehr oft ganz andere Bedürfnisse als wie normale Pflegegeldbezieher. Das ist ja Tag und Nacht.

Joppich: Was verstehen sie unter normale Pflegegeldbezieher?

Hundstorfer: Na ja, Geratische. Geratische Pflegefälle haben ja andere … als wie Menschen, die nur Persönliche Assistenz brauchen, weils im Rollstuhl sitzen, aber sonst gesund sind. Oder? Ich mein, ja? Das heißt, das es ist ein Diskussionsprozess, aber der noch lange nicht abgeschlossen ist.

Joppich: Aber das Pflegegeld selbst? Finanziell, dass sich der pflegebedürftige Mensch sich seine …

Hundstorfer: … die Grundkonstruktion ist unangetastet …

Joppich: … sprich die Pflegestufen …

Hundstorfer: … das ist unangetastet. Aber wenn man sagt, wir müssen es ausweiten. Da war die Frage, ob ma nicht uns einmal die Diskussion geben, die Sachleistungen zur Verfügung zu stellen, weil wir auch wissen – und das ja auch … missverstanden – dass ein Teil des Pflegegeldes bei Geratischen nicht dort ladet, wo es laden sollte. Ein Teil.

Ich weiß, dass die Behindertenszene da wieder anders tickt …

Joppich: … die Behindertenszene ist verunsichert …

Hundstorfer: … nein …

Joppich: … um Gottes Willen, der Minister ist schlecht informiert, die Beamten …

Hundstorfer: … der Minister ist sehr gut informiert … (lacht)

Joppich: Jetzt gibt es in der Behindertenszene natürlich einen Aufruhr: Stichwort „Pflegegeld“. Es wurde die Diskussion eingeläutet, dass es Sachleistungen geben soll – laut letzten Statement von Ihnen. Wie schaut es da jetzt wirklich aus? In BIZEPS heißt … Hundstorfer: Hier ist schlichtweg vieles vermischt worden. Es geht schlichtweg darum: Wenn wir das Pflegegeld ausbauen, dass man diesen Ausbau nicht über Sachleistungen macht. Sachleistung kann sein Persönliche Assistenz, das kann sein Ergotherapie, das kann sein mobile Dienste; was ich halt brauche. Behinderte Menschen haben ja sehr oft ganz andere Bedürfnisse als wie normale Pflegegeldbezieher. Das ist ja Tag und Nacht. Joppich: Was verstehen sie unter normale Pflegegeldbezieher? Hundstorfer: Na ja, Geratische. Geratische Pflegefälle haben ja andere … als wie Menschen, die nur Persönliche Assistenz brauchen, weils im Rollstuhl sitzen, aber sonst gesund sind. Oder? Ich mein, ja? Das heißt, das es ist ein Diskussionsprozess, aber der noch lange nicht abgeschlossen ist. Joppich: Aber das Pflegegeld selbst? Finanziell, dass sich der pflegebedürftige Mensch sich seine … Hundstorfer: … die Grundkonstruktion ist unangetastet … Joppich: … sprich die Pflegestufen … Hundstorfer: … das ist unangetastet. Aber wenn man sagt, wir müssen es ausweiten. Da war die Frage, ob ma nicht uns einmal die Diskussion geben, die Sachleistungen zur Verfügung zu stellen, weil wir auch wissen – und das ja auch … missverstanden – dass ein Teil des Pflegegeldes bei Geratischen nicht dort ladet, wo es laden sollte. Ein Teil. Ich weiß, dass die Behindertenszene da wieder anders tickt … Joppich: … die Behindertenszene ist verunsichert … Hundstorfer: … nein … Joppich: … um Gottes Willen, der Minister ist schlecht informiert, die Beamten … Hundstorfer: … der Minister ist sehr gut informiert … (lacht)

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