Nicht mehr und nicht weniger!

Als behinderte Person möchte ich in einer modernen, offenen und respektvollen Gesellschaft leben, wo Bürgerinnen- und Bürgerrechte für alle Menschen gelten.

Forscherin
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Wo Menschen nicht diskriminiert, ausgegrenzt oder schlecht behandelt werden – egal wie sie aussehen, woher sie kommen, wobei sie Unterstützung brauchen oder wen sie lieben!

Nachdem in einer Stellungnahme vom 2. Juli 2012 die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt die Einführung der PID (Präimplantationsdiagnostik) empfiehlt und die Fortpflanzungsmedizin auch für alleinstehende und auch für lesbische Frauen ermöglichen möchte, gibt es unter „Fachleuten“ großen Diskussionsbedarf.

Leider melden sich nicht viele Vertreterinnen und Vertreter der emanzipatorischen Behindertenbewegung zu diesen Themen zu Wort. Es ist keine gute Idee, das Feld Werte-Konservativen zu überlassen. Diese Allianzen haben sich für uns behinderte Menschen schon öfter als Falle erwiesen.

„Eugenische Indikation“ ersatzlos streichen

Vorweg: Die „eugenische Indikation“ muss ersatzlos aus dem § 97 Abs.1 gestrichen werden. Es kann nicht angehen, dass lebensfähige Föten abgetrieben werden, „nur“ weil sie behindert sind bzw. sein könnten.

Es kann vor allem nicht angehen, lebensfähige Föten vor der Geburt zu töten oder sie nach der eingeleiteten Geburt zum Sterben liegenzulassen. Das ist unvorstellbar grausam und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Selektion ist strikt abzulehnen

Auch eine Selektion in früheren Stadien einer Schwangerschaft ist strikt abzulehnen, egal wie früh diese stattfindet. Sowohl PND (pränatale Diagnostik) als auch PID sind Methoden der Verhinderung behinderten Lebens.

All diese biopolitischen Maßnahmen sind rassistischen Ursprungs. Viele von meinen Freundinnen und Freunden sowie Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Behindertenbewegung würden gar nicht existieren, wären schon früher die medizinischen Mittel der Selektion möglich gewesen – inklusive mir. Genau aus diesem Grund werten wir diese biopolitischen Maßnahmen als Angriff auf unser Lebensrecht!

Stoppt rassistische biopolitische Maßnahmen

Ich fordere einen Stopp dieser rassistischen biopolitischen Maßnahmen – nicht weniger aber auch nicht mehr!

Ich will keinen Rückschritt gesellschaftspolitischer Errungenschaften. Die Fristenregelung muss bleiben und Frauen dürfen nicht unter Druck gesetzt oder gar bedroht werden, wenn sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.

Ich will auch keinen Rückschritt in der Medizin

Die moderne Medizin ermöglicht es sehr vielen behinderten Menschen länger und qualitätsvoller zu leben. Auch die moderne Fortpflanzungsmedizin ist ein Fortschritt für behinderte Menschen. Die In-vitro-Fertilisation ist für manche eine Möglichkeit, sich den Wunsch nach einem Kind zu erfüllen.

Hier schließt sich der Kreis meiner Ausführungen. Ich will keine Abwertung von Familienmodellen, die nicht dem konservativen Modell entsprechen. Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Paare müssen die selben Möglichkeiten und Rechte haben wie alle anderen auch.

Warum sollen gerade Werte-konservative Vertreterinnen und Vertreter und/oder kirchliche Vertreter wissen, was für Kinder gut ist und was nicht? Sämtliche Berichte und Statistiken zu Gewalt gegen Kinder sprechen eine ganz andere Sprache.

Fallen wir nicht auf die alte Masche rein, eine Gruppe gegen eine andere auszuspielen. Denn am Ende des Tages führt das immer zu einer Untergrabung emanzipatorischer Politik!

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