Neu- und Umbau des St. Vinzenz-Heims wurde nun abgesagt

"Behindertenheim wird nicht saniert", meldet am 19. September 2013 der ORF. Findet gerade ein Umdenken "weg von Aussonderung - hin zur Inklusion" in Salzburg statt? Die ersten Anzeichen stimmen positiv.

St. Vinzens Heim im Schloss Schernberg
Anton-kurt

Derzeit leben 170 Menschen mit Behinderungen im St.-Vinzenz-Heim / Schernberg. Viel Salzburger Geld sollte in die Renovierung und Ausbau dieses Großheimes gesteckt werden – so der Plan der damaligen Salzburger Landeshauptfrau Burgstaller (SPÖ). Für sie war das eine große Investition.

Für BIZEPS war das schon damals ein geplantes „Verbrechen an zukünftigen Generationen“ und völlig gegen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Auch die hatte scharf Lebenshilfe reagiert.

Aktuelle Diskussion

Nachdem ein großer Finanzskandal in Salzburg aufgeflogen ist und bei der Neuwahl Landeshauptfrau Burgstaller abgewählt worden war und aus der Politik ausgeschieden ist, begann ein Veränderungsprozess.

„Ich gebe mein Bestes dafür, dass in diesem Regierungsbüro gute Politik gemacht wird“, hielt Soziallandesrat Heinrich Schellhorn beim Amtsantritt an seiner Bürotüre fest. Kurz darauf war in der Salzburger Landeskorrespondenz vom Siegerprojekt für das Großheim zu lesen.

Dies widerspricht dem Salzburger Regierungsprogramm „Neustart in Salzburg„, in dem steht: „schrittweise Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen auf Landesebene“.

Die Politik forderte ein Umdenken und kleinere Wohneinheiten. Der Umbau wurde abgesagt, so der ORF. Es sei besser, kleinere Wohneinheiten direkt in Schwarzach und St. Johann bereitzustellen, ergänzt Soziallandesrat Schellhorn. „Dort wo es möglich ist, sollen die Behinderten in Einrichtungen kommen, die näher an der Gesellschaft sind und nicht oben am Berg in geschlossenen Einrichtungen“, so der Politiker.

Der Schwarzacher Bürgermeister Andreas Haitzer (SPÖ) zeigt sich enttäuscht, aber gesprächsbereit bezüglich kleiner verteilter Wohneinheiten. Siegfried Pichler, Präsident der Arbeiterkammer Salzburg, hingegen setzt sich – in Sorge um Arbeitsplätze – vehement für den Neubau des Großheimes ein.

„Segregation wird nicht richtiger, wenn sie Arbeitsplätze sichert. Segregation gehört beendet. Und wenn das Lebens- und Arbeitsumfeld der bestehenden Heimeinrichtung nicht mehr erträglich ist, dann muss das dringenst geändert werden. Statt Heime zu sanieren, gehören sie geschlossen“, meint der Autor und Medienkünstler Bernhard Jenny in seinem Blog.

„Mit der Realisierung des geplanten Großbauvorhabens im St. Vinzenz Heim in Schernberg würden wir Strukturen zementieren, die nicht zu einer besseren Inklusion beziehungsweise Integration von Menschen mit Behinderung beitragen“, betont die Grüne Sozialsprecherin, LAbg. Kimbie Humer-Vogl. So ein Projekt ist aus ihrer Sicht nicht vertretbar und würde überholte Strukturen auf Jahrzehnte einbetonieren. „Wir brauchen aber jeden Euro für den Ausbau moderner integrativer Projekte“, unterstreicht Humer-Vogl.

Die nächsten Wochen werden zeigen, welche Schritte die Salzburger Landesregierung aus ÖVP, GRÜNEN und Team Stronach setzt. Ebenfalls genau zu beobachten wird das Vorgehen der SPÖ sein.

Rückblick auf die Ausschreibung: Neubau des St. Vinzenz-Heimes Schernberg

Die baulichen Strukturen der Einrichtung sind bereits seit Längerem nicht mehr zeitgemäß, so die Begründung der Überlegungen zu den geplanten Bauarbeiten.

„Die Behinderteneinrichtung St. Vinzenz-Heim Betriebsgesellschaft.m.b.H. am Standort Schernberg (Gemeinde Schwarzach) bietet derzeit für 166 Menschen mit Behinderung eine Tages- und Wohnbetreuung“, ist in der Ausschreibung des Projektes „Generalsanierung und Neubau – St. Vinzenz-Heim Schernberg“ zu lesen, informierte im Jahr 2011 die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) auf ihrer Homepage.

„Die St. Vinzenz-Heim Betriebsgesellschaft hat für den Neubau des St. Vinzenz-Heimes Schernberg (Wohnbetreuungseinrichtung für erwachsene Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen) einen EU-weiten zweistufigen Wettbewerb durchgeführt“ und es liegt ein Siegerprojekt für den „Neubau St. Vinzenz-Heim Schernberg“ vor.

„Der derzeitige Standort Schernberg wird saniert und teilweise neu errichtet werden“, ist der Salzburger Landeskorrespondenz vom August 2013 zu entnehmen. Auch sollen Teile erweitert werden. Die geplanten Kosten liegen bei 19 Millionen Euro und der Bau soll 200 Arbeitsplätze sichern. „Die Sanierung der bestehenden Anlage und der teilweise Neubau sollen im Mai 2015 beginnen und bis 2018 fertiggestellt sein“, schreibt der wohnblog.at.

Geschichte des Heimes

Das Schloss Schernberg – heute als St. Vinzenz Heim bekannt – war laut Wikipedia seit 1850 eine Kranken- und Versorgungsanstalt, die von den Barmherzigen Schwestern geführt wird.

In der NS-Zeit wurden laut begleitenden Informationen der Ausstellung „NS-Euthanasie im Land Salzburg“ 123 Menschen aus dem Heim nach Hartheim gebracht und ermordet. In den Jahren 1975 und 1995 erfolgten Erweiterungen des Heimes. Der nächste Erweiterungsbau war für 2015 geplant.

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