Nationaler Aktionsplan (NAP) soll im Juli im Ministerrat beschlossen werden

"Weil nicht sein kann, was nicht sein darf". Dies fällt einem zuerst ein, wenn man die kabarettistischen Antworten des Sozialministeriums auf eine Anfrage der Selbstbestimmt Leben Initiative Österreich (SLIÖ) an Minister Hundstorfer liest.

BM Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
BMASK

Im Mai 2012 schrieb die SLIÖ an Sozialminister Rudolf Hundstorfer, um Informationen zu den vielen Unklarheiten über den Nationalen Aktionsplan Behinderung zu erhalten. Bei einer Veranstaltung des Ministeriums im Frühjahr 2012 wurde nämlich klar, dass der erste Entwurf zum Aktionsplan ziemlich missglückt ist.

Entwurf höchst mangelhaft

Nach Angaben des Ministeriums wurden rund 100 (!) Stellungnahmen dazu abgeben. Dies vor allem auch deswegen, weil es keine Möglichkeiten der Mitarbeit (Partizipation) am Text gegeben hat, der Inhalt höchst seicht formuliert ist und es an konkreten Zielen und Indikatoren zur Zielerreichung fehlt.

Weiters mussten Vertreter des Ministeriums mitteilen, dass die Bundesländer derzeit nicht an der Erstellung mitarbeiten – und das Finanzministerium hat bezüglich zusätzlicher Finanzen schon abgewunken.

All diese Probleme sprach die SLIÖ in der Anfrage an den Sozialminister an, die am 22. Juni 2012 für den Minister wie folgt beantwortet wurde (GZ: BMASK-44003/0001-IV/A/1/2012):

Antworten im Auftrag des Sozialministers

SLIÖ: Wann wird der im Dezember 2011 vorgelegte Entwurf überarbeitet sein und beschlossen werden?

Sozialminister Hundstorfer: Der NAP Behinderung, dessen voller Titel „Nationaler Aktionsplan der Österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (2012- 2020) – Inklusion als Menschenrecht und Gestaltungsauftrag“ lautet, wird im Juli 2012 in den Ministerrat zur Beschlussfassung eingebracht werden.

SLIÖ: Wer wird konkret die Umsetzung der Ziele und Erreichung der Indikatoren kontrollieren?

Sozialminister Hundstorfer: Die Begleitung der Umsetzung des NAP soll eine Begleitgruppe übernehmen, in die die Behindertenorganisationen miteinbezogen werden. Die Begleitgruppe soll insbesondere auch eine Prioritätenliste für die Maßnahmen des NAP sowie geeignete Indikatoren für die Messung der Fortschritte erstellen.

Weiters wird der Bundesbehindertenbeirat als behindertenpolitisches Beratungsgremium laufend über den aktuellen Stand und die Umsetzungsschritte zum NAP Behinderung unterrichtet werden, womit diesem die Möglichkeit zur Kontrolle des NAP geboten wird. Zudem steht der NAP Behinderung auch unter der kritischen Beobachtung und „Kontrolle“ des Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich.

SLIÖ:: Wie wird der Grundsatz der Partizipation bei der Endredaktion des Aktionsplans, bei der laufenden Begleitung und der Zielkontrolle umgesetzt?

Sozialminister Hundstorfer: Der gesamte Entstehungs- und Erarbeitungsprozess des NAP war in einem hohen Ausmaß durch Partizipation betroffener behinderter Menschen gekennzeichnet (Gespräche, Diskussionen, Veranstaltungen, Begutachtung des Erstentwurfs, Einbeziehung der Forderungskataloge, etc.). Die Partizipation bei der laufenden Begleitung und Zielkontrolle wird durch die genannte Begleitgruppe sichergestellt.

SLIÖ: Wie wird sichergestellt, dass die Vielzahl der Maßnahmen (mehr als 270) auf ein einheitliches qualitatives Niveau gebracht wird? (Teilweise sind dies derzeit reine Absichtserklärungen und daher inkompatibel mit den Maßnahmen eines wirksamen Aktionsplans.)

Sozialminister Hundstorfer: Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung, einzelne Maßnahmen im NAP seien reine Absichtserklärungen. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alle Maßnahmen das gleiche „Gewicht“, den gleichen Umfang und das gleiche „einheitliche qualitative Niveau“ haben. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) erachtetet es als nicht zweckmäßig, hier Wertungen vorzunehmen. Jede Maßnahme hat für sich genommen ihre Bedeutung und ihre Berechtigung.

SLIÖ: Nach unserem bisherigen Informationsstand halten sich die Bundesländer bei der Mitwirkung an der Erstellung des Aktionsplans abwartend zurück. Da aber Behindertenpolitik im föderalistischen Österreich ohne intensive Mitwirkung der für die Behindertenhilfe aber auch die Bauordnung zuständigen Bundesländer undenkbar ist, sehen wir hier einen Knackpunkt. Wie ist Ihrer Meinung nach erreichbar, dass die Bundesländer in einem gemeinsamen und verbindlichen Aktionsplan einbezogen werden?

Sozialminister Hundstorfer: Die Bundesländer wurden im Rahmen von Gesprächen, Veranstaltungen und bei der Begutachtung einbezogen. Die Länder haben keine eigenen Beiträge in den NAP eingebracht – die gemeinsame Stellungnahme der Länder ist jedoch im NAP enthalten. Der NAP Behinderung geht im Maßnahmenbereich über die Bundeszuständigkeit nicht hinaus. Da die Kompetenzen des Bundes und der Länder jedoch eng miteinander verzahnt sind, haben viele Zielsetzungen des NAP auch indirekte Auswirkungen auf die Länder. Die Länder sind eingeladen, für ihren Bereich eigene Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Konvention zu entwickeln.

SLIÖ: Einige informelle Rückmeldungen aus Bundesministerien geben uns Anlass zur Sorge, dass sogar jene Punkte, die im Entwurf des Aktionsplans stehen nur als Wunschvorstellungen angesehen werden. Weiters wurde bekannt, dass laut Finanzministerium keinerlei wie auch immer gearteten zusätzlichen Mittel für die Umsetzung des Aktionsplans eingeplant sind. Wie schätzen Sie unter diesen Aspekten die Beteiligung Ihrer KollegInnen im Ministerrat ein?

Sozialminister Hundstorfer: Die Zielsetzungen und Maßnahmen des NAP sind politisch verbindlich, und die Maßnahmen sind je nach Zeitplan von den einzelnen Bundesministerien bereits budgetär bedeckt oder aus den künftigen Budgets zu bedecken.

Der NAP bündelt – im Sinne des Disability Mainstreaming – Maßnahmen im Behindertenbereich, ohne dass das BMASK die einzelnen Ressorts aus ihrer Pflicht entbindet, die sich aus den jeweiligen Regelungsmaterien ergebenden Zuständigkeiten ressortverantwortlich wahrzunehmen (Behindertenangelegenheiten sind keine reine Sozialmaterie).

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