Missbrauch wird durch die Struktur in den Institutionen gefördert

Die Online-Ausgabe des Kurier beschäftigt sich am 8. Mai 2010 ausführlich mit dem Thema Missbrauch in Behindertenorganisationen.

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BIZEPS

„Missbrauch in der Behindertenbetreuung kommt häufig vor, wird aber selten publik. Zu abhängig ist das Opfer vom Täter“, hält der Kurier eingangs fest, erklärt damit, warum Vorfälle bekannt werden und führt aus: „Schläge, Haare-ausreißen, stundenlanges In-den-Regen-Stellen, ins Klo oder in ein dunkles Kellerloch eingesperrt werden. Missbrauch in der Behindertenhilfe – strukturelle, psychische oder sexuelle Gewalt – hat viele Facetten, das berichten Experten und erstmals auch Opfer dem KURIER.“

Franz Hoffmann spricht in dem Artikel ausführlich von seinen Erfahrungen, die er kürzlich auch Freak-Radio berichtet hat.

Die Opfer können sich – so beispielsweise Marlies Pötzl Tiroler Verein „Zeit zu zweit“ – oft nur schwer artikulieren und „sie haben ja nicht die Chance, irgendwann aus der Einrichtung herauszukommen und daher Angst, lebenslang als Nestbeschmutzer dazustehen.“

Solange sich niemand traut

„Wir wissen von sehr vielen Fällen. Aber solange sich niemand traut etwas anzuzeigen, sind uns die Hände gebunden“, berichtet Monika Rauchberger, selbst Missbrauchsopfer und seit Anfang 2009 Projektleiterin von WIBS, dem Kurier.

Auf einen anderen Aspekt weist Andreas Oechsner, Projektleiter des Wiener Zentrums für Kompetenzen, in der Zeitung hin: „Überall, wo wir geschlossene Systeme vorfinden, sind das Brutstätten für sexuelle Gewalt.“ Er schlägt vor: Transparenz und Öffnung der Institutionen sowie die Ausweitung der Persönlichen Assistenz.

Missbrauch ist eine Machtdemonstration

Die Berichterstattung des Kuriers wird mit einem Interview mit Brigitte Lueger-Schuster, Wissenschaftlerin am Institut für Psychologie der Uni Wien, ergänzt. Sie beschäftigt sich mit Täterpsychologie und analysiert: „Missbrauch ist eine Art von Machtdemonstration. Das gibt es immer dort, wo es deklarierte Ohnmacht gibt. Sexueller Missbrauch etwa ist in erster Linie Ausübung von Dominanz, man spricht von sexualisierter Gewalt.“

Doch wie kommt es dazu? Auch diese Antwort ist eindeutig: „Missbrauch wird durch die Struktur in den Institutionen gefördert.“

Umstrukturierung notwendig

„Es ist dringend an der Zeit, dass auch in Österreich über Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch in Einrichtungen der Behindertenhilfe gesprochen wird“, forderte Prof. Volker Schönwiese von Selbstbestimmt Leben Tirol im BIZEPS-INFO Gespräch kürzlich einer Umstrukturierung von Betreuungseinrichtung.

Die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen hält im Artikel 19 klar das Recht auf Selbstbestimmtes Leben fest. An der Umsetzung dieses Rechts muss noch intensiv gearbeitet werden.

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