ÖBB Triebwagen

Krone: Neuer Ärger über ÖBB

"Verkehrsministerium drängt ÖBB zu besserem Kundenservice", berichtet die Tageszeitung am 8. Februar 2006.

Die Kronen Zeitung berichtet mehrfach und umfangreich vom Ärger mit den neuen Selbstbedienungs-Strecken. Grund der Aufregung ist folgende neue – auf der Homepage der ÖBB nachzulesende – Regelung: „Sollten Sie im Zug ohne gültiger Fahrkarte angetroffen werden, muss der Mitarbeiter der ÖBB zusätzlich zur Fahrkarte eine Kontrollgebühr von 60,- EUR verrechnen.“

Für viele ist neben dieser „Strafsteuer“ – wie es die Krone nennt – die grotesk anmutende Regelung zur Bezahlung der Fahrkarten ein Ärgernis. Die ÖBB erläutert: „Bei der Bezahlung in Bar ist zu beachten, daß der Ticketautomat maximal 9,90 Euro Rückgeld gibt. Abhängig vom zu zahlenden Betrag werden 20 Euro Noten ab einem zu zahlenden Mindestbetrag von 10,10 Euro, 50 Euro Noten ab einem Mindestbetrag von 40,10 Euro und 100 Euro Noten ab einem Mindestbetrag von 90,10 Euro angezeigt und akzeptiert. 10 Euro und 5 Euro Noten werden immer akzeptiert. Die kleinste akzeptierte Münze ist die 10 Euro Cent Münze.“

Für die Krone ist klar: „Das Unternehmen strengt sich, so scheint’s, derzeit ganz besonders an, um seine Fahrgäste zu vergraulen.“ Eine vom Verkehrsministerium einberufene Krisensitzung nahm sich der Themen „Strafgebühr, Fahrschein-Automaten“ an, berichtet die Tageszeitung. Ergebnis der Besprechung: Es wurde eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe zusammengestellt und es sollen 130 neue Fahrscheinautomaten aufgestellt und kaputte schneller repariert werden. Weiters soll die Ausgabe des Wechselgeldes verbessert werden.

Kontrollgebühr nicht unumstritten

Laut § 15 Eisenbahnbeförderungsgesetz ist es – so meinen Juristen übereinstimmend – fraglich, ob diese „Kontrollgebühr“ überhaupt in allen Fällen legal eingehoben wird. „Der Anspruch des Reisenden auf Ausgabe eines Fahrausweises erlischt fünf Minuten vor der Abfahrt des Zuges“, ist dem Gesetzestext zu entnehmen.

Die Dauer der Fahrscheinausgabe beim Automaten beträgt geschätzt knapp über eine Minute. Daraus folgt, dass bei einer Schlange von z. B. 5 Personen vor dem Automaten, der Zug eigentlich nicht abfahren darf, sofern sich die Kaufwilligen mehr als 5 Minuten vor der Abfahrt des Zuges eingefunden haben. Wenn einer dieser Wartenden dann – ohne Kauf einer Fahrkarte den Zug besteigt, um diesen doch noch zu erwischen – dürfte diese Kontrollgebühr von ihm nicht eingehoben werden.

Die Eisenbahn müsste dann – so die Argumentation – beweisen, dass beim Fahrschein-Automaten keine Schlange angestanden ist. Nur wenn der ÖBB dies gelingt, dürfte eine Kontrollgebühr von dieser Person eingehoben werden.

Für behinderte Personen ist diese Kontrollgebühr in vielen Fällen eigentlich illegal, weil die Automaten nicht barrierefrei sind. Ein Umstand, den die ÖBB anscheinend erkannt haben.

ÖBB: Auch möglich „Ticket beim Zugbegleiter zu kaufen“

BIZEPS-INFO hat bei der Pressesprecherin der ÖBB-Personenverkehrs AG, Katharina Gürtler nachgefragt:

BIZEPS-INFO: Welche Regelung gilt bei Menschen die – aufgrund welcher Behinderung auch immer (also nicht nur blinde Menschen) – Tickets nicht selbständig lösen können?

Katharina Gürtler (ÖBB): Für Fahrgäste, die wirklich nicht in der Lage sind, sich vor Fahrtantritt ein Ticket zu kaufen (es gibt ja noch andere Möglichkeiten außer dem Automaten z. B. Personenkassen, Online Ticket etc.) gibt es natürlich nach wie vor die Möglichkeit, sich sein Ticket beim Zugbegleiter zu kaufen. Wir sind ja auch gerade dabei die Zugänge zu den Automaten, durch einen niedrigeren Geldeinwurf-Schlitz zu erleichtern. Auf fünf Bahnhöfen (Wien Westbahnhof, Wien Südbahnhof, Linz, Klagenfurt und Innsbruck) sind die Automaten bereits umgebaut. Falls der Reisende in Begleitung ist, kann dieser dementsprechend das Ticket lösen.

BIZEPS-INFO: Welche Regelung gilt bei älteren Menschen die sich eine Benutzung der Automaten nicht zutrauen bzw. damit auch überfordert wären?

Katharina Gürtler (ÖBB): Wir machen ab sofort verstärkt Schulungen an den Automaten, wo jeder interessierte kostenlos und ohne weitere Anmeldung daran teilnehmen kann.

Unwahr: Barrierefreie Ticketautomaten

Wurde im September des Vorjahres noch in einer ÖBB-Aussendung von „barrierefreien“ Ticketautomaten geschrieben, so nähert man sich heute schon der Wahrheit, wenn nur mehr von „niedrigeren Geldeinwurf-Schlitz“ gesprochen wird.

Die damalige Aussendung rief übrigens einen wütenden Protest seitens der ÖAR hervor. Es wurde von „einer für den Personenverkehr mittlerweile schon typischen ‚Fast-Beinahe‘-Aktion“ gesprochen. Man hat der ÖBB damals „den Ankauf einer aktuellen ÖNORM B 1600“ geraten, um nachzulesen, was unter barrierefrei zu verstehen ist.

Ticketautomaten als Schlichtungsfall?

Im Unterschied zum Vorjahr könnte heuer jeder behinderte Mensch einen neuen nicht barrierefreien Ticketautomaten als Diskriminierung ansehen und daher eine Schlichtung (sowie bei keiner Einigung eine Klage) einleiten.

Auch ein Kurztest des Expertengremiums „accessible-media – Zugang für alle“ brachte massive Schwächen und Barrieren des – von der ÖBB als Ersatz für die Automaten vorgeschlagenen – Internetangebotes zu Tage. Ein Umstand, der den Verantwortlichen bekannt ist.

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