Frauen mit Behinderungen wollen leben können wie andere auch!

Teil 10 - Die UN-Staatenprüfung: Wie setzt Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention um?

Staatenprüfung : Österreich
BIZEPS

In Ergänzung zu sämtlichen Rechten aus der UN-Behindertenrechts-Konvention (UN-BRK) richtet der Art. 6 ein besonderes Augenmerk auf die in der Gesellschaft vorherrschenden Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen und zielt darauf ab, diese durch gesetzliche und politische Maßnahmen zu beseitigen. Frauen und Mädchen mit Behinderungen sollen in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden.

Gleichstellung von Frauen mit Behinderungen: Viel muss getan werden!

Trotz verfassungsrechtlicher Verankerung des Gleichstellungsgebots von Frauen und Männern im Art 7 Abs 2 der österreichischen Bundesverfassung und Regelungen gegen Diskriminierung wie Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsgesetze auf Bundes- und Landesebene gibt es keine speziellen Bestimmungen zum Schutz und zur Förderung von Frauen mit Behinderungen. Bei Vorliegen einer Mehrfachdiskriminierung aufgrund von Behinderung und Geschlecht ist anstatt der Gleichbehandlungskommission die Schlichtungsstelle des Bundessozialamtes zur Überprüfung zuständig. Somit kann es in der Praxis dazu kommen, dass bei der Prüfung über das Vorliegen einer Diskriminierung von behinderten Frauen der Genderaspekt aufgrund fehlender Spezialisierung bzw. Sensibilisierung der Schlichtungsstelle unzureichend berücksichtigt wird. Offizielle Zahlen und Ergebnisse betreffend Mehrfachdiskriminierung von Frauen mit Behinderungen insbesondere auch zur Anwendung des gesetzlich verankerten erhöhten Schadenersatzanspruches sind nicht bekannt.

Auch auf politischer Ebene gibt es keine speziellen Zuständigkeiten oder Programme für Frauen mit Behinderungen. Im NAP (Nationaler Aktionsplan für Behinderung) wird als Zielsetzung definiert, dass bei allen behindertenpolitischen Maßnahmen die Genderperspektive mitberücksichtigt werden soll. Wesentlicher ist zur Förderung und Durchsetzung der Rechte der Frauen mit Behinderungen jedoch, dass bei jeder frauenpolitischen Maßnahme auch die Behindertenpolitische Perspektive verpflichtend mit einbezogen werden muss.

Frauen mit Behinderungen sind vielfach schlecht informiert und können ihre Ansprüche aufgrund der unübersichtlichen Gesetzeslage und des „Förderdschungels“ nicht entsprechend wahrnehmen. Auch bei den Interessenvertretungen besteht noch ein Verbesserungsbedarf an Spezialisierung bzw. an Vernetzung für eine wirksame Umsetzung sämtlicher Anliegen von Frauen mit Behinderungen. Bisher gibt es nur wenige NGOs und Programme, die sich besonders dieser Personengruppe widmen.

Frauen mit Behinderungen sind vermehrt mit Schwierigkeiten und Barrieren beim Besuch höherer Schulen konfrontiert, dem Erwerb eines Studienabschlusses, der Absolvierung einer gewünschten Berufsausbildung und dem Ergreifen eines bestimmten Berufes. 23 % der nicht behinderten 16 bis 64-jährigen Frauen haben maximal Pflichtschulabschluss, während dies für einen doppelt so hohen Anteil (46 %) der behinderten Frauen im erwerbsfähigen Alter zutrifft. Nach wie vor verfügen Frauen im Vergleich zu Männern mit Behinderungen seltener über eine abgeschlossene Berufsausbildung und sind in unterbezahlten, „frauentypischen Berufsfeldern“, prekären Beschäftigungsverhältnissen und in niedrigeren Hierarchieebenen tätig. Faktoren für das generell niedrigere Erwerbseinkommen von Frauen sind insbesondere schlechtere Berufseintrittschancen, niedrigere einkommensmäßige Bewertung von „typischen Frauenberufen“, geringere Aufstiegschancen und eine ungleiche Verteilung von familiären Versorgungsaufgaben. Auch bei schweren gesundheitlichen Einschränkungen und Verschlechterungen während der Berufstätigkeit verbleiben viele Frauen aufgrund ihrer schwierigen finanziellen Situation oft so lange in der Arbeit, bis Unfälle oder gravierende Verschlechterungen der Erkrankung zum Arbeitsverlust führen.

Auf die Problematik der Gewalt gegenüber Frauen mit Behinderungen wurde bereits in Teil 8 der Serie zur UN-Staatenprüfung hingewiesen.

Da behinderte Frauen, besonders jene mit Lernschwierigkeiten, stark von sozialer Ausgrenzung betroffen sind und in der Gesellschaft vielfach nicht als vollwertig und gleichberechtigt angesehen werden, bleiben ihnen meist Partnerschaften, Familiengründung und Mutterschaft verwehrt. Die geringe Erwerbsbeteiligung und hohe Armutsgefährdung von Frauen mit Behinderungen führt auch dazu, dass viele ihren Wohnort nicht selbst wählen können und auf ein Leben daheim oder in Betreuungseinrichtungen angewiesen sind. Es mangelt diesen Frauen daher besonders an Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes Leben in voller Teilhabe an der Gesellschaft zu führen.

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