„Das werde ich erst dann entscheiden“

Am 11. Juni 2004 fand erstmalig im ORF eine 1:1 Untertitelung eines Spielfilms statt. Wir führten mit dem Leiter des ORF-Teletext, Hannes Märk, ein Interview, in dem er über die ersten Erfahrungen und die weitere Vorgangsweise Auskunft gab.

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Die versuchsweise 1:1 Untertitelung des Films „Auf der Jagd“ am 11. Juni 2004 in ORF 1 fand viel Beachtung. Bis 22. Juni 2004 läuft noch eine diesbezügliche Umfrage.

„Es soll herausgefunden werden, wie Untertitelung für gehörlose und hörgeschädigte Zuseher verbessert werden kann und wie eine 1:1-Untertitelung aufgenommen wird“ teilt der Österreichische Gehörlosenbund mit. Über 200 Personen haben bisher schon an der Umfrage teilgenommen.

Hannes Märk, Leiter des ORF-Teletexts, berichtete uns im Interview über seine Erfahrungen und über seine weitere Vorgangsweise bei der Untertitelung.

BIZEPS-INFO: Was hat den Ausschlag für diesen Versuch einer 1:1 Untertitelung im ORF gegeben?

Hannes Märk: Der Wunsch vieler Gehörloser und vor allem vieler Schwerhöriger, in den Untertiteln jedes gesprochene Wort geliefert zu bekommen, ist für mich absolut verständlich. Die bei der Untertitelung übliche – und aus meiner Sicht oft notwendige – Verknappung erweckt beim Konsumenten das Gefühl, dass irgendetwas auf der Strecke bleibt: Inhalt, Atmosphäre, Authentizität.

Andererseits wird bei Spielfilmen oft so schnell geredet, dass eine 1:1-Textversion schlicht unlesbar ist. Das sehen jedenfalls die Untertitler so. Auch bei Originalfassungen mit deutschen Untertiteln im Kino werden bei flotten Dialogen die Untertitel für Hörende (!) eingekürzt. Das glauben uns aber viele Gehörlose nicht, daher haben wir dieses Experiment gemacht.

BIZEPS-INFO: Welche Erfahrungen wurden bei der 1:1 Untertitelung seitens der ORF-Teletext Redaktion gemacht?

Hannes Märk: Die 1:1-Version ist redaktionell weit aufwändiger! Im konkreten Fall beim Spielfilm „Auf der Jagd“ hatten wir exakt 2.065 Untertitel, die redaktionell bearbeitete (übliche) Version, die wir von unseren deutschen Kollegen bekommen haben, hatte etwas mehr als 900. Diese 2.065 Untertitel mussten ja alle eingetippt, auf dem Bildschirm platziert, mit den Lippenbewegungen und den Filmschnitten synchronisiert werden. Aber der höhere Zeitaufwand ist nicht der Grund dafür, dass wir die Untertitel redaktionell bearbeiten.

BIZEPS-INFO: Ist geplant, in absehbarer Zeit einen weiteren Film 1:1 zu untertiteln?

Hannes Märk: Das werde ich erst dann entscheiden, wenn das Ergebnis der vom Österreichischen Gehörlosenbund durchgeführten Umfrage auf dem Tisch liegt.

BIZEPS-INFO: Wie werden die Ergebnisse der Umfrage ausgewertet?

Hannes Märk: Die Auswertung werden wir – der Gehörlosenbund und ich – gemeinsam machen, die Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Untertitelung im ORF werde ich zu ziehen haben. Wir müssen uns vor allem ganz genau ansehen, welche Teile der großen Gruppe der hörbehinderten Menschen mit der 1:1-Untertitelung besser umgehen konnten und welche weniger gut. Ich kenne wie gesagt das Ergebnis der Umfrage noch nicht, aber ich wage jetzt schon eine Prognose: Wir werden in dieser Frage auch in Zukunft beinhart flexibel sein müssen.

BIZEPS-INFO: Wir danken für das Interview.

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