Parlament

Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz im Sozialausschuss des Nationalrates

Am 16. Mai 2006 wird das Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz in der 24. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales als Tagesordnungspunkt 4 behandelt.

Bereits am 22. Dezember 2005 versandte das Sozialministerium einen Ministerialentwurf für ein Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz in Begutachtung, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Apothekengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das MTF-SHD-Gesetz sowie das Sanitätergesetz und das Notariatsaktsgesetz geändert werden sollten.

Kern dieses Bündelgesetzes war die Beseitigung der behindertendiskriminierenden Voraussetzung der „körperlichen“ bzw. „körperlichen und geistigen Eignung“ als Zugangskriterium zu verschiedensten Berufen und Ausbildungsangeboten sowie die Lockerung der Notariatsaktspflicht für schriftliche Rechtsgeschäfte von sinnesbehinderten Menschen.

Am 31. Jänner endete die Begutachtungsfrist. Es gab zahlreiche Stellungnahmen zu diesem Bündelgesetz. Die Interessensvertretungen der Menschen mit Behinderungen, allen voran auch das Forum Gleichstellung äußerten sich durchwegs positiv zu den geplanten Maßnahmen. Massivere Bedenken zur geplanten Lockerung der Notariatsaktspflicht für sinnesbehinderte Menschen im Notariatsaktsgesetz meldeten jedoch die Notariats- und die Wirtschaftskammer Österreich an. Daraufhin machten die Sehbehinderten- und Blindenorganisationen – Verein Blickkontakt, Österr. Blinden- und Sehbehindertenverband, Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs – geeint mobil, damit die so wichtigen Lockerungen der Notariatsaktspflicht nicht zu Fall gebracht würden.

Doch es half leider nicht; die Standesvertretungen setzten sich durch und so beschloss der Ministerrat am 6. April eine Regierungsvorlage mit dem Titel Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz, die zwar noch die Beseitigung der diskriminierenden Klausel „körperliche Eignung“ bzw. „körperliche und geistige Eignung“ in den verschiedenen Bundesgesetzen enthielt, jedoch keine Änderungen im Notariatsaktsgesetz mehr. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage heißt es zu diesem Umstand nun:

„Im Begutachtungsentwurf war auch eine Änderung des Notariatsaktsgesetzes vorgesehen, nach der die Notariatsaktspflicht für behinderte Menschen in bestimmten Fällen entfallen sollte. Diese Änderung wird derzeit jedoch noch nicht vorgeschlagen. Die Ergebnisse im Begutachtungsverfahren haben gezeigt, dass diesbezüglich noch weitere legislative Überlegungen unter Einbeziehung von Vertretern der Behindertenverbände und der Österreichischen Notariatskammer seitens des Bundesministeriums für Justiz anzustellen sind. Zur Erwägung steht eine grundlegende Änderung des § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktsgesetz und zwar in der Richtung, den Notariatsakt für bestimmte Gruppen von behinderten Menschen nicht als eine Zwangsform, sondern – im Interesse der behinderten Menschen – als Serviceangebot zu gestalten.“

Die Sehbehinderten- und Blindenorganisationen sowie das Forum Gleichstellung wendeten sich daraufhin schriftlich an alle Behindertensprecher und Klubobleute der Parlamentsklubs sowie an die Frau Justiz- und die Frau Sozialministerin mit dem Ersuchen, sich dafür einzusetzen, dass als erster und nächster Schritt zumindest die notwendigen und im Ministerialentwurf ja bereits vorgesehen gewesenen Lockerungen der Notariatsaktspflicht in diesem Begleitgesetz doch enthalten bleiben und beschlossen werden mögen; im Übrigen begrüßten die Interessensvertretungen der behinderten Menschen die vom Justizministerium angekündigte Absicht, den § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktsgesetz grundlegend ändern zu wollen und weg von der Notariatsaktspflicht mit Zwangscharakter, hin in Richtung eines freiwilligen Serviceangebotes gehen zu wollen, ist doch eine solche Notariatsaktspflicht im europaweiten Vergleich ein längst überkommenes und unzeitgemäßes Relikt aus der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

Doch die Regierungsvorlage eines Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes ging trotz all dieser Bemühungen der Interessenvertretungen der behinderten Menschen unverändert, also ohne die Novelle zum Notariatsaktsgesetz, ins Parlament.

Nun soll diese Regierungsvorlage eines Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes am 16. Mai 2006 im Sozialausschuss des Nationalrates behandelt und beschlossen werden.

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