Blindes Paar: Adoption weiterhin nicht möglich

Neues Gerichtsurteil: OGH nicht zuständig - Behindertenanwalt Buchinger sieht Diskriminierung

Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger
freiraum

Nach einer langen Reihe von Klagen, Urteilen und Revisionen steht das blinde Paar Janoschek und Dallinger nun wieder am Anfang. Ihr Wunsch, ein Waisenkind aus dem Ausland zu adoptieren, lässt sich nicht erfüllen. Die beiden klagten wegen Diskriminierung und bekamen Recht. Doch nun fehlt es an der Adoptionseignungsbestätigung, die das Jugendwohlfahrtsamt nicht ausstellen will. Ein neues Urteil des Obersten Gerichtshofes weist die Zuständigkeit nun von sich.

Das OGH kommt nun in seinem Urteil zum Ergebnis, dass es nicht zuständig sei, da die BH Linz-Land bzw. das Land OÖ in dieser Angelegenheit hoheitlich tätig sei. Das bedeutet, dass Janoschek und Dallinger bereits im Dezember 2010 einen Bescheid von der BH erhalten hätten müssen, den sie dann beim Landesverwaltungsgericht bzw. in weiterer Folge beim Bundesverwaltungsgericht hätten beeinspruchen können.

Damit steht das blinde Paar wieder fast am Anfang. Denn genau diesen Bescheid verlangte das blinde Paar von Dezember 2010 bis Juni 2011 von der BH bzw. dem Land OÖ. Die Behörde stellte diesen Bescheid aber mit der Begründung nicht aus, sie würde in dieser Angelegenheit nicht hoheitlich, sondern wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen tätig sein (und da gibt es keine Bescheide und damit auch keine Berufungsmöglichkeiten).

Auch der Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger stellt sich ein weiteres Mal hinter das blinde Paar und hat in einem Schreiben an die OÖ-Landesrätin Gertraud Jahn sowie die Verantwortlichen beim Land OÖ die Ausstellung eines positiven Bescheides für Janoschek und Dallinger eingefordert.

Das blinde Paar wurde gezwungen, den Zivilrechtsweg über Bezirksgericht, Landesgericht bis zum Obersten Gerichtshof einzuschlagen. Das OGH Urteil steht damit im Widerspruch zur Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, der in einigen Urteilen bereits festgehalten hat, die Behörde würde in Adoptionsangelegenheiten nicht hoheitlich agieren.

Janoschek: „Nun wird also auch noch ein Rechtskonflikt auf unserem Rücken ausgetragen. Wie kommen wir dazu, dass wir nun auf unsere Kosten ausjudizieren lassen müssen, ob nun die Jugendwohlfahrtsbehörden in Österreich in Adoptionsangelegenheiten hoheitlich oder nicht hoheitlich agieren und ob AdoptivwerberInnen über die Verwaltungsgerichte oder die Zivilgerichte ihr Recht einklagen können? Wir hoffen  aufgrund des OGH Urteiles, dass uns nun das Land OÖ einen positiven Bescheid bezüglich unserer Adoptionseignung ausstellt, damit diese immer noch anhaltende Diskriminierung des Landes OÖ uns gegenüber endlich ein Ende findet“.

Sollte dieser positive Bescheid nicht ausgestellt werden und somit die Diskriminierung fortgesetzt werden, wird das blinde Paar einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof auf Klärung des Rechtskonfliktes sowie eine Säumnisbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht einbringen, da die BH laut OGH Urteil seit Dezember 2010 dem blinden Paar einen Bescheid schuldig ist. Im Falle eines negativen Bescheides wird dieser ebenfalls beim Verwaltungsgericht beeinsprucht.

Rückblick

Dietmar Janoschek, 43 und Elfriede Dallinger, 48, sind 1991 erblindet. Sie leben seit 1992 zusammen und bemühen sich aufgrund von Fehlgeburten und einem Kinderwunsch seit dem Jahr 2000 um eine Adoption. Bereits damals wurde vom Jugendamt von einer Anmeldung als Adoptionswerber aufgrund der Blindheit dem Paar abgeraten.

2010 stellte das blinde Paar trotzdem den Antrag auf Adoption. Bei der Eignungsüberprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz Land kam es zu einem Hausbesuch und Befragungen des Paares. Dabei entstand bei diesem der Eindruck, die Behinderung sei von vornherein ein Hinderungsgrund für eine Adoptionseignung und das negative Ergebnis der Adoptionseignungs-Überprüfung sei nicht objektiv. Zwei vom Paar sowie ein vom Gericht beauftragte Sachverständige kamen in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass kein Grund vorliege, den Klägern den Adoptionswunsch zu versagen. Die BH ist trotz dieser Gutachten der Meinung, das Paar sei als Adoptiveltern nicht geeignet.

Klage erfolgreich

Das Paar klagte das Land Oberösterreich aufgrund der diskriminierenden Ablehnungsgründe nach dem Bundesbehinderten-Gleichstellungsgesetz mit der Begründung, es werde wegen seiner Erblindung von einer Adoption ausgeschlossen.

Der Klage wurde vom Bezirksgericht Linz im Juni 2013 stattgegeben und das Land OÖ wegen Diskriminierung von Janoschek und Dallinger aufgrund ihrer Behinderung verurteilt. Weiters wurde das Land OÖ verpflichtet, eine Adoptionseignungsbestätigung auszustellen, mit der das blinde Paar ein Kind adoptieren kann. Das Land OÖ legte Berufung ein.

Das Landesgericht Linz (als Berufungsgericht) bestätigte nach erneuter Überprüfung in seinem Urteil von Dezember 2013 ein weiteres Mal die Diskriminierung des blinden Paares. Das Gericht war allerdings der Auffassung, das Land OÖ könne nicht zur Herausgabe einer Adoptionseignungsbestätigung verpflichtet werden und das blinde Paar müsse sich mit je Euro 1000,– Schadenersatz für die erlittene Diskriminierung durch das Land OÖ begnügen.

Nicht nur Recht, sondern ein Kind

Da das blinde Paar aber kein Geld, sondern ein Waisenkind aus ärmlichen Verhältnissen adoptieren und diesem Zukunft schenken will, brachten Janoschek und Dallinger mit dem Ziel, die Adoptionseignungsbestätigung ausgestellt zu bekommen, Revision beim OGH ein.

Außerdem ist eine Petition an die Verantwortlichen Politiker beim OÖ Landtag geplant. Jeder, der diese Petition mit der Forderung, die Diskriminierung des blinden Paares zu beenden und die Adoption zuzulassen, unterstützen will, findet näheres dazu auf www.freiraum-europa.org

Zeit läuft davon

Da der Altersunterschied zwischen den Eltern und dem Adoptivkind nicht mehr als 45 Jahre betragen darf, läuft bei diesem bis dato über 4-jährigen Rechtsstreit dem blinden Paar die Zeit davon.

„Wir und viele andere Menschen haben den Eindruck,  genau das ist das Ziel der Behörden, nämlich auf Zeit zu spielen und uns mürbe zu machen, damit sich diese Sache quasi selbst erledigt. Warum das Land OÖ unbedingt die Zukunftschancen und ein geborgenes zu Hause für ein blindes Waisenkind verhindern will, ist uns unverständlich. Außerdem ist bereits sehr viel Steuergeld für die Prozesse ausgegeben worden. Ich kenne als Präsident der Hilfsorganisation freiraum-europa die erschütternden Verhältnisse der behinderten Waisenkinder in bulgarischen Heimen nur zu gut, da wir seit 2011 Kinder auch dort unterstützen. Für mich ist das hartherzig und gemein“, so Dietmar Janoschek.

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