Behindertenanwaltschaft: Wird die Ausschreibung wieder zur Farce?

Es sieht so aus, als ob die Ausschreibung für den Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen (Behindertenanwalt) die Wiederholung des unwürdigen Schauspiels von 2005 wird. Ein Kommentar mit ausführlichem Rückblick.

BM Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
BMASK

Vorweg ein Rückblick: Bei der Schaffung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes forderten die Behindertenorganisationen ein starkes Gesetz. Eine Behindertenanwaltschaft war nicht ihre Idee, sondern wurde vom damaligen Sozialminister, Mag. Herbert Haupt, als eine Art von Ombudsstelle geschaffen.

Damit war niemand glücklich, weil sie ziemlich nutzlos schien und ohne wirkliche Befugnisse Einzug ins Gesetz gefunden hat.

Bestellung führte zu wochenlangen Diskussionen

Wie es die Geschichte kurioserweise so wollte, lag es an Sozialministerin Ursula Haubner, die erste Person für diese Stelle auszusuchen. Was dann geschah, beschäftigte die Medien und die Politik intensiv.

Im September 2005 wurde plötzlich bekannt, dass Sozialministerin Haubner – eine Nachfolgerin und Parteikollegin von Haupt – diesen zum Behindertenanwalt bestellen möchte. Die Opposition kritisierte die geplante Vorgangsweise für den „zahnlosen und selbst geschaffenen Versorgungsposten„.

Zwei Monate später – am 23. November 2005 – wurde die Ausschreibung veröffentlicht, die am Freitag, den 16. Dezember endete.

Da die Entscheidung – laut Standard – schon am Montag, den 19. Dezember 2005, feststand, würde dies bedeuten, dass an diesem Wochenende alle Bewerbungen gesichtet und auch gereiht werden mussten.

Auffällige Postenvergabe

Doch nicht nur das war auffällig. Es kam noch schlimmer. Sozialministerin Haubner gab am 23. Dezember die Entscheidung bekannt: „Herbert Haupt wird Behindertenanwalt“

„Die Experten-Kommission, die ich freiwillig eingesetzt habe, ist zu einem einstimmigen Ergebnis gekommen“, betonte Haubner.

Viele waren ob des offensichtlichen Postenschachers entsetzt. Da sich eine Reihe von Bewerberinnen und Bewerbern deklariert hatten, war klar, wer sich beworben hatte. Daher ist bekannt, dass sich Personen mit Qualifikation in den Bereichen Mediation und barrierefreies Bauen sowie mehrere Juristen beworben hatten. Einige der Bewerberinnen und Bewerber sind zusätzlich behindert, sodass sie auch (ausreichend) Diskriminierungserfahrungen haben.

Doch das war noch nicht einmal das Ende der Geschichte. Die von der Ministerin vorgeschobene „Experten-Kommission“ bestand – so erfuhr man im Standard – aus drei Personen (2 Beamten von Haubners Ministerium und Dr. Klaus Voget) und tagte nur einmal; nämlich am 20. Dezember 2009. Und Dr. Klaus Voget war es auch, der eine weitere Unwahrheit rund um diesen Postenschacher aufdeckte.

„Voget widerspricht im Standard-Gespräch auch der Darstellung Haubners. Die Kommission habe die Bewerbungen nur nach Formalgesichtspunkten begutachtet“, so die Tageszeitung, die weiter ausführt und Voget zitiert: „Eine Empfehlung an die Ministerin gab es nicht.“ Dieses Faktum bestätigte Voget auch auf BIZEPS-INFO Nachfrage.

Nutzen der Anwaltschaft erhöhen – oder abschaffen

Die großen inhaltlichen Schwächen („Wofür benötigt man diese Stelle? Was kann diese Stelle? Was sollte sie können?“) der finanziell und personell nicht schlecht dotierten Anwaltschaft sind seit Anfang an unbestritten und allen Beteiligten bekannt.

Schon im SPÖ-ÖVP Regierungsprogramm aus dem Jänner 2007 – das Gesetz war erst ein Jahr alt (!) – wurde festgeschrieben: „Evaluierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft„.

Der damalige Sozialminister (nun von der SPÖ) Dr. Erwin Buchinger formulierte mal mehr, mal weniger seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit der bestehenden Rahmenbedingungen. Zu einer Veränderung konnte er sich nicht durchringen. In Gleichstellungsfragen – manche sagen nicht nur in diesem Bereich – hat Minister Buchinger nichts weitergebracht.

So kam es dazu, dass die wortgleiche Bestimmung („Evaluierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft“) sich auch im SPÖ-ÖVP Regierungsprogramm aus dem November 2008 wieder findet.

Daraus gelernt?

„Herbert Haupt geht in Pension“, berichteten die Salzburger Nachrichten im August 2009. Er hat sich bemüht und geht nun in Pension.

Im Interview hält er fest: „Minister Hundstorfer lässt die Arbeit der Behindertenanwaltschaft ja gerade evaluieren. Es wäre schön, wenn die Behindertenorganisationen da mit eingebunden wären. Sie sollen entscheiden, wer mir nachfolgen wird.“

Es wird beim Wunsch bleiben, ist zu befürchten. Schon wenige Wochen später verdichteten sich von mehreren Seiten die Gerüchte, dass auch der derzeitige Sozialminister Rudolf Hundstorfer schon vor der Ausschreibung einen Kandidaten im Auge hat. Und wieder – so das Gerücht weiter – würde dieser Posten an einen Parteikollegen und ehemaligen Sozialminister vergeben werden.

Nun ist es offiziell: Konkret wird im Standard die Ausschreibung des Sozialministeriums für diesen Posten erwähnt und auch gleich der mögliche Kandidat genannt: Ex-Sozialminister Erwin Buchinger.

Wie geht es weiter?

Hat die Anwaltschaft schon jetzt ein großes Legitimationsproblem, würde sie mit so einer Bestellung wohl endgültig ins Gerede kommen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die zu befürchtende Vorgangsweise qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber abschrecken könnte.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich