Behinderte erhalten kein Lehramtszeugnis an Pädagogischen Akademien

Jahrelange Diskriminierung wird mit Wissen von Ministerin Gehrer fortgesetzt

Helene Jarmer
ÖGLB

Der im Standard vom 3. März 2003 beschriebene Fall einer gehörlosen Frau, die in Österreich per Gesetz davon abgehalten wird, Lehrerin zu werden und somit massiv diskriminiert wird, ist nicht der erste derartige.

Schon im Jahr 2000 wurde im Bericht der Volksanwaltschaft am Beispiel einer schwerhörigen Studentin die diskriminierende und sinnlose Bestimmung diskutiert, die in irgendeiner Form „behinderte“ Menschen vom Erwerb eines Lehramtszeugnisses an PädAks abhält. Damals stellte die Volksanwaltschaft fest, dass das Bundesministerium für Untericht und kulturelle Angelegenheiten den Erwerb eines entsprechenden Lehramtszeugnisses für behinderte Studierende an Pädagogischen Akademien „für überlegenswert hält“.

„In den vergangen 3 Jahren wurde im BMUK offenbar so grundlich überlegt, dass man vergessen hat, diese skandalöse und massiv diskriminierende Bestimmung tatsächlich zu beseitigen“, so Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes und Sprecherin der hiesigen Gehörlosengemeinschaft.

Eine in der Folge eingebrachte parlamentarische Anfrage an die zuständige Ministerin Gehrer wurde mit wenigen, unverbindlichen und wenig aussagkräftigen Sätzen abgetan.

Helene Jarmer: „Es ist mir absolut unbegreiflich, wie der österreichische Gesetzgeber im 21. Jahrhundert derart offensichtlich diskriminierende Bestimmungen aufrecht erhalten kann!“

Es sei doch sinnvoll, wenn gehörlose Kinder von Personen unterrichtet würden, die sie verstünden, an denen sie ein Vorbild fänden. Darüber hinaus sei die Bestimmung, so Jarmer, eine weitere massive Benachteiligung gehörloser Menschen in ihren Lebens- und Karierrechancen. Genauso empörend sei, dass eine Frau im Rollstuhl angeblich nicht genüge, um zu unterrichten.

„Im Jahr der behinderten Menschen ist diese – nun wieder an die Öffentlichkeit gelangte – Affaire ein denkbar peinlicher Hinweis auf die Lage in Österreich“, so Jarmer. Und, fügt die selbstbewußte Präsidentin an, „es wird Zeit für die Umsetzung des Anti-Diskriminierungsgesetzes, für das es ja schon einen sehr guten, fertigen Entwurf des Ludwig-Boltzmann-Institutes gibt. Und für ein Behindertengleichstellungsgesetz. Dann werden wir vielleicht irgendwann nicht mehr nur freundlich oder mitleidig behandelt sondern einfach fair!“

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