Barrierefreie Arztpraxen: Durchbruch in Sicht?

In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Wiener Ärztekammer und BIZEPS wurde kürzlich ein neues Kooperationsprojekt vorgestellt.

Dorner und Srb-Rössler bei Pressekonferenz 060420
Ladstätter, Markus

Nunmehr können die Messdaten von geeigneten und von BIZEPS vermessenen Ordinationen auf der Homepage der Ärztekammer für Wien abgefragt werden.

Damit ist zwar ein weiterer Schritt in Richtung barrierefreie Praxen getan, doch sind noch längst nicht alle Probleme gelöst.

Mit ihrem Beschluss, die Messdaten von Wiener Ordinationen auf der Homepage der Ärztekammer zu stellen, hat die Wiener Ärztekammer ihr Interesse an einer Verbesserung der derzeitigen, für behinderte Patienten nach wie vor unbefriedigenden Situation klar zum Ausdruck gebracht.

Praxisplan

Unter www.praxisplan.at können be­hinderte Patienten ab sofort nach Arztpraxen suchen, die ihren jeweiligen Bedürfnissen entgegenkommen. Von den derzeit mehr als 300 angeführten Praxen sind 178 stufenlos erreichbar. Aber nur ein Teil kann als komplett barrierefrei bezeichnet werden, da die Lifte oftmals zu klein sind, ein Behinderten-WC fehlt oder keine Vorkehrungen für Menschen mit Sinnesbe­hin­derungen getroffen worden sind.

Dennoch wurden auch Praxen vermessen, welche nicht stufenlos erreichbar sind, weil sie andere positive Merkmale aufweisen bzw. die Praxisinhaber ihr Interesse an einer Verbesserung der Situation kundgetan haben.

Überhaupt konnten wir die Erfahrung machen, dass eine Vermessung der Ordinationsräumlichkeiten oftmals ein nachfolgendes Informations- oder Beratungsgespräch über weitere notwendige Maßnahmen zur Folge hat.

Praxen nach einheitlichen Kriterien vermessen

Ziel ist es, alle bestehenden Praxen nach einheitlichen Kriterien zu vermessen. Damit stehen für die Betroffenen endlich umfassende und zuverlässige Informationen zur Verfügung anstelle der von den Ärzten bisher getätigten Selbsteinschätzungen, die sich in sehr vielen Fällen als unrichtig und fehlerhaft erwiesen haben.

Dies deshalb, weil jeder Arzt unter „behindertengerecht“ etwas anderes verstanden hat und oftmals bestehende Stufen als solche gar nicht wahrgenommen wurden. Böse Überraschungen vor Ort können so mit den online gestellten Messdaten vermieden werden.

Wie der Präsident der Wiener Ärztekammer, Prim. MR Dr. Walter Dorner im Rahmen einer Pressekonferenz am 20. April 2006 in Wien mitteilte, wird den Ärzten in Wien bei neuen Niederlassungen empfohlen, in ebenerdige Ordinationen zu ziehen, da diese leichter zugänglich sind.

„Außerdem wollen wir“, so Präsident Dorner, „dass Ordinationsneuer­öffnungen sich rund um Geschäftsstraßen ansiedeln, weil dort die Infrastruktur passt und die Ordinationen einfacher zu erreichen sind.“

„Den Beginn eines Umdenkprozesses“ hat die Obfrau von BIZEPS, Annemarie Srb-Rössler, bei den Ärzten ausgemacht. Dies zeige sich nicht zuletzt auch darin, dass immer mehr Ärzte zu einer Vermessung ihrer Ordination bereit seien.

Dorner: „Noch viel zu tun“

Allerdings gibt es laut Präsident Dorner „noch viel zu tun, um die freie Arztwahl für behinderte Patienten in Wien wirklich zu verbessern“.

Einige dieser notwendigen Schritte aus unserer Sicht sind:

  • es müssen alternative Unter­suchungsmethoden gefunden werden, damit keine Untersuchung aufgrund einer Behinderung mehr abgelehnt wird (wenn ein Patient z. B. nicht stehen kann)
  • die im Vertrag mit der Wiener Gebietskrankenkasse festgelegten 12 Prozent der Ordinationen, die bis 2008 barrierefrei auszugestalten sind, müssen von einem unabhängigen Gremium sowohl auf ihre Anzahl als auch auf ihre Qualität hin überprüft werden
  • der Prozess der Umgestaltung in barrierefreie Praxen muss beschleunigt werden.

Ein wichtiger Aspekt dabei sind auch Förderungen der Öffentlichen Hand zur Herstellung der Barrierefreiheit von Arztpraxen.

Investive Maßnahmen

Hier kommt den Investiven Maßnahmen des Bundessozialamtes, die Förderungen bis zu 50 Prozent und bis zu einer Gesamthöhe von 50.000 Euro vorsehen, ganz besondere Bedeutung zu.

Es ist zu hoffen, dass dieses Angebot in Zukunft stärker in Anspruch genommen wird.

Unverständlich

Unverständlich ist jedoch, weshalb diese äußerst sinnvolle Maßnahme weder vom zuständigen Sozialministerium noch vom Bundessozialamt ordentlich beworben wird.

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