Auch Landesgericht verurteilt Land OÖ wegen Diskriminierung

Politiker könnten für Gerechtigkeit sorgen

Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger
freiraum

Seit fast vier Jahren kämpft das erblindete Paar Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger aus OÖ darum, ein blindes Waisenkind adoptieren zu dürfen.

Eine Adoptionseignungsbestätigung bzw. Pflegestellenbewilligung, die das Paar benötigt, um ein Kind adoptieren zu können, wurde ihm mit der Begründung, es wäre aufgrund diverser psychologischer Gründe als Adoptiveltern nicht geeignet, verwehrt. Erst nach einem fünf Monate anhaltenden Rechtsstreit und durch medialen Druck lieferte die Jugendwohlfahrt der BH Linz-Land im Mai 2011 nähere Gründe:

  • Dass z.B. die blinden Eltern einen Sonnenbrand oder Zeckenbiss beim Kind nicht rechtzeitig erkennen könnten
  • oder die Erstversorgung nach einem Sturz vom Klettergerüst nicht vornehmen könnten
  • oder, wenn sich das Kind im Straßenverkehr von der Hand losreißt, ihm nicht nachlaufen könnten

Die Aussagen seitens der Jugendwohlfahrt, sie handele nach dem Auftrag, nur die „besten“ Eltern für eine Adoption zuzulassen und man müsse es einem Kind ja nicht „antun“, bei behinderten Eltern aufwachsen zu müssen, empfinden Janoschek und Dallinger als diskriminierend. Das Paar sah sich somit genötigt, Klage gegen das Land OÖ einzubringen.

Bereits 2011 haben zwei Psychologen in jeweils von einander unabhängigen Sachverständigengutachten festgestellt, dass keine Gründe gegen eine Adoption vorliegen. 2012 wurde die Eignung des blinden Paares auf Anweisung des Bezirksgerichtes Linz ein weiteres Mal von einer Universitäts-Professorin und Gerichtssachverständigen genauestens untersucht.

Diese kam ebenfalls zum Ergebnis, dass die Ablehnungsgründe des Landes OÖ fachlich nicht nachvollziehbar sind und beide Adoptionswerber geeignet sind.

Nach mehreren Gerichtsverhandlungen stellte das Bezirksgericht Linz mit Urteil vom 5.6.2013 fest, dass seitens des Landes OÖ eine Diskriminierung wegen der Behinderung des adoptionswilligen Paares vorliege. Das Land OÖ wurde verpflichtet, eine Adoptionseignungsbestätigung auszustellen. Das Land OÖ legte gegen dieses Urteil Berufung ein.

Landesgericht bestätigt Diskriminierung

Vor kurzem bestätigte das Landesgericht Linz in seinem Urteil ein weiteres Mal die Diskriminierung von Janoschek und Dallinger und verwarf die Berufung des Landes OÖ.

Leider hält sich die Freude bei Janoschek und Dallinger in Grenzen, denn das Landesgericht Linz änderte gleichzeitig das Urteil insofern ab, als dass dem blinden Paar neben dem Kostenersatz nun nur noch ein Schadenersatz von gesamt € 2000,– zusteht. Die Abgabe der geforderten „Eignungsbestätigung“ könne vom Land OÖ jedoch nicht verlangt werden, da das Haager Übereinkommen eine derartige Eignungsbestätigung nicht vorsehen würde. Darüber hinaus wäre eine derartige Bestätigung durch den Jugendwohlfahrtsträger eine Wissenserklärung, die nicht exekutionsfähig sei.

Revision eingebracht

Dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption ist Österreich 1999 beigetreten. Gleichzeitig mit Abschluss dieses völkerrechtlich verbindlichen Übereinkommens hat die Republik Österreich die Erklärung abgegeben, dass für den jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich jedes Bundeslandes die jeweilige Landesregierung Zentrale Behörde des Übereinkommens ist.

Wenn ein Adoptivwerber für eine Adoption in Betracht kommt und dazu auch geeignet ist, so hat er Anspruch darauf, dass die zuständige Behörde gemäß Art. 5 lit. a Haager Übereinkommen eine entsprechende (positive) Entscheidung trifft.

Sollte die in Art, 5 Haager Übereinkommen von der zuständigen Behörde zu treffende Entscheidung eine Wissenserklärung darstellen, oder sollte die Vornahme dieser Entscheidung (insbesondere auch die Fällung einer positiven Entscheidung trotz Vorliegen der Voraussetzungen) durch Leistungsklage nicht geltend gemacht werden können oder aber nicht exekutierbar sein, so bedeutet dies, dass eine willkürlich ablehnende Entscheidung ebenso wie eine unterlassene Entscheidung in Österreich mit keinerlei rechtlichen Mitteln bekämpft werden könnte. Dies verletzt nicht nur das Recht auf den gesetzlichen Richter im Sinne des Art, 83 8-VG, sondern ist auch gleichheitswidrig!

Daher bringt das Paar eine Revision beim Obersten Gerichtshof ein, um auch weiterhin für die Ausstellung der Adoptionseignung zu kämpfen. Weiters regen die blinden Kläger an, der Oberste Gerichtshof möge einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der §§ 27 und 28 OÖ Jugendwohlfahrtsgesetz stellen.

Appell an OÖ Landtag

„Wir werden uns unseren Kinderwunsch sicher nicht mit € 2000,– abkaufen lassen und wer glaubt, dass dieser sehr geringe Geldbetrag auch nur annähernd eine Entschädigung für das seelische Leid ist, dass uns vom Land OÖ zugefügt wurde oder ein Ersatz für ein Kinderglück darstellt, ist zynisch und unmenschlich“, so das diskriminierte Paar.

Sie appellieren ein weiteres Mal an alle Politiker im OÖ Landtag, ihren Fall auf die Tagesordnung einer Landtagssitzung zu stellen und mit einem Mehrheitsbeschluss dafür zu sorgen, dass ihnen endlich Gerechtigkeit wiederfährt. Das Land solle nun endlich die erforderlichen Bestätigungen, jeweils für Dallinger sowie Janoschek, für die Adoptionseignung bzw. Pflegestellenbewilligung ausstellen. Diese sind erforderlich, um beim Bulgarischen Ministerium eine Adoption beantragen zu können.

UNO stellt sich hinter das blinde Paar

Im September 2013 wurde Österreich von der UNO auf die Einhaltung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geprüft. Zu deren Einhaltung ist Österreich seit 2008 verpflichtet.

Das UN-Komitee zeigt sich in seinem schriftlichen Bericht darüber besorgt, dass Menschen mit Behinderungen mit praktischen Hindernissen bei Adoptionen zu kämpfen haben und dass diese auf Vorurteile und Stereotypen über Menschen mit Behinderungen in Österreich zurückzuführen sind und fordert Österreich auf, diese Diskriminierungen zu beseitigen.

„Wir möchten einem armen und blinden Waisenkind nach wie vor eine positive Zukunft schenken und werden weiterhin dafür kämpfen. Aus meiner Erfahrung als Präsident der Interessenvertretung freiraum-europa weiß ich, dass viele Menschen mit Behinderung in Österreich täglich in unterschiedlichen Bereichen diskriminiert werden. Auch für diese Menschen kämpfen wir, um ein Zeichen zu setzen, dass damit jetzt Schluss sein muss“, so Dir. Dietmar Janoschek.

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